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Deutschland ist Weltmeister, Argentinien pleite. Dass Vermögen ungerecht verteilt ist, sticht damit noch deutlicher hervor als zuvor. Was es also braucht, ist ein organisierter Ausgleich - und um den steht es nicht gerade gut. Weder im Kleinen noch im Großen.
Bleiben wir beim Kleinen: In Österreich wird die Lohnsteuer für die Budgeteinnahmen immer wichtiger. Das ist schlecht, denn gemeinsam mit den Sozialversicherungsbeiträgen erhält der Faktor Arbeit ein Defacto-Monopol zur Aufrechterhaltung des Wohlfahrtsstaates.
Im Großen schaut es nicht anders aus. Das rohstoffreiche Afrika hungert, der Ressourcenverschwender USA leidet an Übergewicht. China holt wirtschaftlich auf, auf Kosten der Umwelt. Künftige Generationen in China werden viel kleinere Brötchen backen müssen, um die Folgekosten dieses Raubbaus an der Natur stemmen zu können. In Südamerika verhindern Korruption und Dollar-Verschuldung jeden sozialen Ausgleich.
Und in Europa? Die Europäische Union ist im globalen Vergleich wohlhabend, hat die klügsten Köpfe und eine Gesellschaft, in der es sich ganz gut leben lässt. Selbst im dümmsten Manager-Handbuch steht der Satz: Stärken stärken.
Aber was tut Europa? Es geht fahrlässig mit seinen Stärken um, erlaubt sich große intellektuelle und finanzielle Durchhänger - und seine Politiker erfreuen sich an Küchen-Machiavellismus. Und zwar nach nationalen und Geschlechtergrenzen.
Jean-Claude Juncker wird Präsident der Europäischen Kommission, ein Machtspiel, gewonnen vom Europäischen Parlament. Dafür nominieren die europäischen Staats- und Regierungschefs überwiegend Männer als künftige Kommissionsmitglieder (weiß, Baby-Boom-Generation). Große Länder wollen wichtige Zuständigkeiten, stabile Länder noch wichtigere.
Kommissionspräsident Juncker (weiß, männlich, Baby-Boom-Generation) wird damit leben können, aber kann es Europa auch? Europas Stärken heißen Bildung, Innovation und Flexibilität. Darin sind wir Weltmeister.
Doch wenn nicht - wie in Italien - jüngere Talente das Ruder ergreifen, wird es der EU wirtschaftlich so ergehen wie Brasilien im Fußball: Es bleibt bloß die Erinnerung an eine glorreiche Vergangenheit und die Gewissheit, dass Vermögen ungleich ist.