Er ist fast doppelt so groß wie der | Hyde-Park, doch nur halb so bekannt: Der Große Tiergarten, eine riesige Grün- und Erholungsfläche im Herzen Berlins mit reicher Geschichte. | Wo können Berliner im Spazierengehen zwanglos Goethe, Lessing und Fontane begegnen, oder Beethoven, Mozart, Haydn, Wagner und Lortzing? Wo kann man eine altgermanische Büffeljagd, eine Eberjagd des Renaissancefürsten Joachim Nestor oder eine Fuchsjagd zur Kaiserzeit bestaunen?
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In Berlins größter Sammlung von Denkmälern, verteilt auf 210 grüne Hektar, im sogenannten Großen Tiergarten. Früher außerhalb der Stadt gelegen, bildet er heute das innerstädtische Naherholungsgebiet par excellence. Durch ein halbes Jahrtausend hindurch hat er sich zu dem entwickelt, was er jetzt ist: Ein vielfältiger Landschaftspark mit idyllischen Plätzchen für Verliebte, prächtig strahlenden Blumenwiesen, Wasserläufen und Inseln, verschlungenen Pfaden und schnurgeraden Alleen, verwilderten Lichtungen, ungepflegten Brachen und romantischen Trümmern verfallener Denkmäler.
Seinen Namen hat der Park von der ursprünglichen Nutzung: Seit Mitte des vorigen Jahrtausends wurde das Gelände als waldartiges Gehege für jagdbares Wild genutzt. Die Jagd war des Alten Fritzens (König Friedrich II.) Sache nicht, also beauftragte er 1742 den Baumeister Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, den Tiergarten in einen königlichen Lustpark umzuwandeln. Auch das gemeine Volk durfte sich dort ergehen.
Die alte Prunkstraße Unter den Linden wurde nach Westen verlängert, damit die Hoheiten schneller vom Stadtschloss zum Schloss Charlottenburg reiten konnten. Wo sich die Achse mit anderen Alleen kreuzte, entstand der achtstrahlige "Große Stern", der Pariser Place de lEtoile vergleichbar. Die Mitte des Sterns ziert seit den Dreißigerjahren die Siegessäule mit der "Goldelse" (Viktoria).
Doch davor standen dort zahlreiche Statuen streitbarer Herren, von den Berlinern respektlos "Puppen" genannt. Zwei Dinge sind von diesen "Puppen" übrig geblieben: Eine Herkules-Statue und eine Redensart. Wenn ein "Ausflug" - etwa in die nächste Eckkneipe - sich in die Länge zieht, dann dauert er "bis in die Puppen". Denn auch diese waren recht weit von der damaligen Stadtgrenze entfernt erreichbar.
An der Ostgrenze des Großen Tiergartens wurde 1788 bis 1791 von Carl Gotthard Langhans das Brandenburger Tor errichtet. Verlässt man die Innenstadt Berlins durch dieses Tor, so erlebt man bis heute die historische Grenze zwischen Stadt und vorgelagerter Landschaft. Nur noch hier wurde die Peripherie des alten Berlins konserviert. Im sonstigen Stadtbereich ist das Häusermeer seit langem über die alten Grenzen der Stadt hinausgewachsen. Das letzte erhaltene der historischen Stadttore Berlins vermittelt daher, wie es seine Bestimmung ist, immer noch zwischen umbautem Stadtplatz und grünem Umland.
1745 durften Esaias Dortu und Martin Thomassin, zwei Nachkommen von Hugenottenflüchtlingen, neben der neuen Fasanerie - Ursprung des Zoologischen Gartens - Zelte aufstellen und Erfrischungen verkaufen. Dort entstand die Straße "In den Zelten", die heute noch so heißt. Der Berliner Zoo, der tier- und artenreichste der Welt, eröffnete 1844.
Von den 200.000 Bäumen stand nach dem Krieg keiner mehr. Die frierende Bevölkerung hatte den kompletten Tiergarten abgeholzt und verheizt. Mit Genehmigung der Briten wurde auf mehr als 2000 Parzellen Gemüse angebaut. Erst vier Jahre nach dem Krieg pflanzte Bürgermeister Ernst Reuter eine Linde als ersten Baum. Und Westdeutschland spendete daraufhin eine weitere Viertelmillion Bäume. Heute strahlt der Tiergarten wieder in alter Pracht. Umtost vom Lärm der Metropole als Oase der Ruhe und Erholung.