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"Wir haben sichere Pensionen" - bis 29. Februar 2016

Von Clemens Neuhold

Politik

Teilpension, Bonus-Malus-System und eine Deadline: Nach der Steuerreform ist vor der Pensionsreform.


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Wien. Nach der Steuerreform ist vor der Pensionsreform. So lässt sich der erste Tag der Regierungsklausur in Krems zusammenfassen. Nur noch im Eingangsstatement erinnerte Kanzler Werner Faymann an die eben erst beschlossene, fünf Milliarden Euro schwere Steuersenkung, die ab 1. Jänner 2016 greift. Er forderte die Bürger auf, sich über diverse Gehaltsrechner am persönlichen Grad der Steuerentlastung zu erfreuen und kräftig einzukaufen.

Zuckerl für Altersarbeit

Danach ging es bei der Pressekonferenz mit Faymann, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Finanzminister Hans Jörg Schelling und Sozialminister Rudolf Hundstorfer fast nur noch um die Pensionen. Ruft man sich das vierseitige, sehr detaillierte Kapitel im Regierungsprogramm in Erinnerung, ist es auch höchste Zeit. Paktiert ist dort nicht die eine große Systemumstellung. Niedergeschrieben sind viele konkrete Schritte und eine Deadline.

Bei der Klausur beschlossen wurde die Teilpension ab Herbst 2015. Im Wesentlichen sieht das Konzept vor, dass man bei Erreichen der Pensionsmöglichkeit die Arbeitstätigkeit auf 40 bis 60 Prozent reduzieren kann und dafür quasi einen Bonus erhält: Geht man auf 50 Prozent hinunter, wird das Gehalt auf 75 Prozent aufgefettet. Die den Arbeitgebern dabei entstehenden Kosten übernimmt der Staat. Das Regierungsprogramm sah noch eine Reduktion von 30 Prozent vor. Maximal kann man die Teilpension, von der Frauen durch ihr früheres Antrittsalter ausgeschlossen sind, bis 65 in Anspruch nehmen.

Das gesetzliche Frauenpensionsantrittsalter wird - beginnend erst mit 2024 - bis 2033 an jenes der Männer angeglichen. Daran ändert sich vorerst nichts, obwohl es die ÖVP gerne hätte. Den üblichen Grundsatzstreit mit der SPÖ ersparte die ÖVP dem Publikum bei der Klausur.

Die Teilpension ist eines von vielen Modellen, mit dem es gelingen soll, das faktische Pensionsantrittsalter zu heben. Heuer gehen wieder rund 80.000 Menschen in den Ruhestand. Das faktische Antrittsalter liegt derzeit bei 59,7 Jahren, meilenweit entfernt vom gesetzlichen (60 bei Frauen, 65 bei Männern).

Ein zweiter Baustein im Pensionspuzzle ist das Bonus-Malus-System für Betriebe. Es sieht Strafzahlungen für Unternehmen vor, die zu wenig ältere Beschäftigte haben und einen Bonus für jene, die sehr altersgerecht beschäftigen. Als Parameter gilt ein bestimmter Altersdurchschnitt je Branche. Die Wirtschaft blockiert das Modell aber bisher, weil sie den bürokratischen Mehraufwand im Betrieb fürchtet. Mitterlehner betonte, dass ihm die Mitsprache der Wirtschaft und der Gewerkschaft wichtig sei, setzte aber zugleich eine Frist bis Jahresende.

Bei der Klausur hielt die Regierung der Wirtschaft auch eine Karotte vor die Nase, und zwar die für 2018 versprochene Senkung der Lohnnebenkosten im Ausmaß von 200 Millionen Euro. Man könnte es aber auch als Peitsche verstehen: ohne Bonus-Malus keine Kostensenkung.

Pensionen-Schaltjahr

Die Zeit drängt: Im Regierungsprogramm haben sich ÖVP und SPÖ bis 2018 vier konkrete Ziele gesetzt: Drei betreffen eine höhere Beschäftigungsquote von älteren Beschäftigten, eines das faktische Pensionsalter. Letzteres soll bis 2018 auf 60,1 Jahre ansteigen.

Die Regierung, die ganz stolz darauf ist, die Steuerreform bis zum versprochenen Zieldatum am 17. März 2015 geliefert zu haben, versah bei der Klausur auch die Pensionsreform mit einem konkreten Datum: 29. Februar. Dieses Datum gebe es wirklich, versicherte Hundstorfer, weil es sich 2016 um ein Schaltjahr handle.

An diesem Tag wird eine gesetzlich installierte Monitoring-Stelle wieder erheben, ob die Regierung den Pfad einhält. Wenn nicht, müssen Antrittsalter oder Beiträge angepasst werden. Auch wenn es so klingt: Eine Pensionsautomatik, wie sie die ÖVP gerne hätte, ist das aber noch lange nicht. Über die Art der Gegensteuerung zur Absicherung der Pensionen kann dann also weiterhin trefflich gestritten werden. Kommt man zu keinem Ergebnis, ist eine Schlichtungsstelle vorgesehen, beschickt aus ÖVP und SPÖ, die dann weitere drei Monate Zeit hat, mit der Pensionskommission einen - dann verbindlichen - Vorschlag zu präsentieren.

Lehrer später in Pension

Hundstorfer verweist auf den Anstieg des faktischen Pensionsalters seit 2012 und sieht dem 29. Februar 2016 gelassen entgegen. Auch Mitterlehner sagt: "Wir haben sichere Pensionen." Im Gegensatz zu Hundstorfer sieht er aber eine wachsende Lücke und meint, die steigenden Pensionszuschüsse aus dem Steuertopf brauche man für Zukunftsinvestitionen wie Bildung oder Forschung.

Zu 100 Prozent steuerfinanziert sind die Beamtenpensionen. Beamtenstaatssekretärin Sonja Steßl legte ein Monitoring zum Pensionsantrittsalter der Beamten vor. Dieses stieg im Vorjahr um 10 Wochen auf 61 Jahre. Die Lehrer wiesen den stärksten Anstieg (auf 62,2 Monate) auf.