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Lesbos ist erster Anlaufpunkt für unzählige syrische Flüchtlinge. Die "Wiener Zeitung" hat mit Bürgermeister Spyros Galinos gesprochen.
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Lesbos war erster europäischer Anlaufpunkt für unzählige syrische Flüchtlinge auf dem Weg Richtung Norden. Viele sind bei dem Versuch, vom türkischen Festland die griechische Insel zu erreichen, ertrunken. Bürgermeister Galinos spricht über Versäumnisse der EU und seine Erfahrungen im Umgang mit Migranten.
"Wiener Zeitung":Lesbos steht im Mittelpunkt der Flüchtlings-Krise. Wie stellt sich die Lage dort derzeit dar?Spyros Galinos: Was uns am meisten bewegt, ist, dass es immer noch keine gemeinsame europäische Migrations- und Asylpolitik gibt. Es gibt noch nicht einmal eine grundlegende Strategie, die verfolgt würde. Die wichtigste Frage ist, dass wir die Schleppernetzwerke bekämpfen, die es in der Türkei gibt. Sie gefährden die Leben der Flüchtlinge. Ich habe an die europäischen Spitzenpolitiker appelliert, dass wir die Registrierung der Flüchtlinge in der Türkei vornehmen sollten. Das Wichtigste ist eine sichere Überfahrt für Flüchtlinge.
Sind Sie für einen geregelten Fährbetrieb für Flüchtlinge von der Türkei nach Lesbos?
Ich war einer der Ersten, die mit einem solchen Vorschlag an die Öffentlichkeit gegangen sind. Die Türkei ist nicht bereit, mit der EU im Bereich des Menschenschmuggels zu kooperieren.
Haben Sie den Eindruck, dass Griechenland mit dem Flüchtlingsproblem zu lange allein gelassen wurde?
Griechenland befindet sich in einer schweren ökonomischen Krise. Dazu kommt, dass uns die europäischen Institutionen schwere Sparmaßnahmen abverlangen. Wir haben aber trotzdem die Antworten auf diese humanitäre Krise gefunden. Meine Mitbürger auf Lesbos haben es geschafft, trotz allem solidarisch und menschlich zu reagieren.
Ist es für Sie als Grieche überhaupt denkbar, dass Grenzen komplett kontrolliert werden könnten?
Es ist völlig unmöglich, Menschen davon abzuhalten, eine Seegrenze zu überschreiten. Eine lückenlose Überwachung ist nicht möglich. Und es ist nicht möglich, Menschen, die aus Kriegsgebieten flüchten, daran zu hindern. Die Lösung muss sein, dass die Registrierung schon auf dem türkischen Festland erfolgt. Dann wäre eine sichere Passage sichergestellt. Griechenland kann seine Grenzen nur gegen eine militärische Invasion schützen, nicht gegen Flüchtlinge.
Jetzt ist auf Lesbos aber ein sogenannter Hotspot der EU in Betrieb gegangen. Dort sollen die Migranten registriert werden. Was halten Sie von diesem Konzept?
Um ehrlich zu sein: Uns ist es egal, ob der Ort, an dem wir Flüchtlinge unterbringen, Hotspot heißt oder nicht. Wir wollen ordentliche Bedingungen für die Flüchtlinge schaffen. Das ist unser Ziel.
Gibt es Probleme zwischen der griechischen Bevölkerung auf Lesbos und den Flüchtlingen?
Wir haben von Anfang an Sorge getragen, dass eine gewisse Balance zwischen ansässiger Bevölkerung und Flüchtlingen herrscht. Deshalb hat es keine problematischen Vorfälle gegeben.
Wie sieht diese Balance aus? Können Sie eine Prozentangabe machen?
Wir reden nicht von Prozenten. Es geht darum, dass die ansässige Bevölkerung ein normales Leben führen kann und dass sich niemand gestört fühlt. Wir haben es geschafft, dass alle einen kühlen Kopf bewahrt haben.
In Österreich soll jetzt eine Art Obergrenze für Flüchtlinge eingezogen werden. Halten Sie die Maßnahme für zielführend?
Ich glaube, dass alle EU-Mitglieder ihren Teil beitragen sollten. Wenn alle Länder Flüchtlinge übernehmen, dann ist die österreichische Regierung damit auf dem richtigen Weg.