Prag - Zehnerpackungen von Eiern flogen auf die Fenster des Landwirtschaftsministeriums, vor das Eingangstor des Gebäudes wurde unter lautem Sirenengeheul ein Haufen Mist gekarrt: Fast achttausend aufgebrachte tschechische Bauern ließen gestern auf diese Weise in Prag ihrem Unmut freien Lauf.
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Ursache der Massendemonstration war einmal mehr der Streit um die EU-Agrar-Direktzahlungen. Die Union hat bei ihrem letzten Gipfel in Brüssel den osteuropäischen Landwirten für das Jahr 2004 gerade einmal 25 Prozent von dem zugestanden, was ihre Kollegen in den EU- "Alt-Mitgliedsstaaten" bekommen. Die Gemüter sind dementsprechend erregt. Einige Fenster im Ministerium werden zerschlagen.
Lautstark wird der tschechische Agrarminister Jaroslav Palas von den Demonstranten aufgefordert, sich blicken zu lassen. "Er ist ein Feigling und es schaut so aus, als ob er uns Bauern überhaupt nicht vertreten will". Miroslav Navratil, Bauer als Südböhmen, ist auf seinen Prager Minister nicht gut zu sprechen.
Dann war Minister Jaroslav Palas aber doch noch dazu bereit, sich mit einigen Organisatoren des Protestes im Ministerium zu treffen. Die "Unterhändler" überreichten eine Petition und forderten den Minister auf, ihre Wünsche in Brüssel nachdrücklicher zu vertreten. Das Treffen nimmt laut tschechischer Tageszeitung "Lidove noviny" ein jähes Ende, als ein undefinierbarer Gegenstand durch ein geschlossenes Fenster in den ministerlichen Amtsraum geflogen kam.
Ein Agrarvertreter fasst in Worte, wo der Schuh drückt: "Die Situation in der Landwirtschaft ist untragbar. Die Löhne sind 20 Prozent unter dem Niveau des Jahres 1990, die Preise der Produkte sind einfach zu niedrig. Der Staat muss uns helfen". So fordern die Bauern etwa höhere Produktionsquoten für Milch und Stärke.
Sollten die Landwirte mit ihren Protesten nicht durchdringen, haben sie bereits damit gedroht, weitere Aktionen zu starten. jel/schmoe