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"Wir müssen Migranten helfen, in Afrika eine Zukunft zu sehen"

Von Petra Ramsauer

Politik

Marokkos Außenminister Salaheddine Mezouar über die besondere Rolle seiner Heimat im Kampf gegen islamistischen Radikalismus und über neue Ansätze, um Migrantenströme übers Mittelmeer zu bremsen.


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"Wiener Zeitung": Beunruhigt es Sie, dass Marokko von Extremisten-Gruppen im Ausland, die dem Islamischen Staat Gefolgschaft schwören, geradezu eingekreist ist?Salaheddine Mezouar: Wir betrachten dies vor allem als Aufforderung, unsere Unterstützung anzubieten. Darf ich Ihnen ein Beispiel nennen? Auch Marokko ist mit Terrorismus konfrontiert gewesen, wir erlebten mehrere Terror-Anschläge. Eine unserer Gegenstrategien war es, Autoritäten der Religion als Verbündete zu gewinnen, um die eigentlichen Werte unserer Religion auch in den Köpfen der Jugendlichen zu verankern: Frieden und Dialogbereitschaft.

Das alleine wird als Gegenstrategie jedoch nicht ausreichen.

Wichtig ist es aus meiner Sicht, dass wir, die politischen Verantwortlichen vor Ort, versuchen, dieses Phänomen gemeinsam zu lösen und nicht auf Hilfe von außen setzen. Dabei brauchen wir einen Zugang, der drei Dimensionen erfasst: Wir müssen für Sicherheit sorgen, aber genauso zentral ist es, Toleranz und Moderation zu propagieren. Und ebenso wichtig ist es, Armut zu bekämpfen, dafür zu sorgen, dass unsere Jugend eine Chance auf eine Existenz hat.

Nach dem Beginn des Arabischen Frühlings war Marokko eines der wenigen Länder, die wenigstens oberflächlich stabil blieben.

Wir sind hier anders. Dies liegt sicher auch an der besonderen Rolle unseres Königs, der ja in direkter Linie vom Propheten Mohammed abstammt und deshalb besondere Autorität genießt. Wir hatten auch nie eine Einheitspartei, die uns diktierte, noch einen Diktator. Die Stabilität Marokkos ist tief in der Geschichte verankert und verleiht uns angesichts der vielfältigen Krisen in unserer Region eine besondere Rolle. Auch als Brückenkopf des Dialoges innerhalb der Länder des Südens und auch hin zum Norden, zu Europa, kommt uns nun eine wichtige Rolle zu. Nicht nur, was Sicherheits- und Terrorfragen angeht, sondern auch bei dem Thema Migration.

Experten befürchten, dass im heurigen Jahr eine nie dagewesene Fluchtbewegung über das Mittelmeer einsetzen könnte. Wie lässt sich dies stoppen?

Wichtig ist es, das Problem vor Ort zu bekämpfen und nicht einzig Geld in Abwehrstrategien fließen zu lassen. Wir in Marokko versuchen etwa Migranten, die aus Subsahara-Afrika kommend in unserem Land am Weg Richtung Europa faktisch gestrandet sind, zu integrieren - auch als Arbeitskräfte. Bereits 20.000 Menschen haben wir in Marokko mit einem legalen Status versehen und versuchen so, potenziellen Migranten hier in Afrika eine Perspektive zu bieten.

Zur Person

Salaheddine

Mezouar

ist seit Oktober 2013 Außenminister Marokkos. Davor war der Ökonom bereits Finanz- und Industrieminister des Landes.