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"Wir pfeifen auf den Fußball"

Von Tamara Arthofer

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Tamara Arthofer
Tamara Arthofer ist Sport-Ressortleiterin.

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Was ist in Europas Fußball los? Das muss man sich zwangsläufig fragen, wenn man sich die jüngsten Ereignisse in Mailand und Paris vor Augen führt. Zuerst hatten in Mailand rassistische Beleidigungen seitens der AS-Roma-Fans gegen den dunkelhäutigen Milan-Spieler Mario Balotelli beinahe zu einem Spielabbruch geführt, nur einen Tag später kam es bei der Meisterfeier für Paris Saint-Germain zu Straßenschlachten, demolierten Autos, zerschlagenen Schaufenstern und Verletzten. In Paris reagierte man mit einer Absage aller öffentlichen Veranstaltungen in Zusammenhang mit dem Klub, in Italien gab man sich zwar betroffen, abgesehen von einer Geldstrafe für die Römer passierte aber nichts. Fifa-Boss Joseph Blatter zeigte sich empört: Eine 50.000-Euro-Strafe sei viel zu wenig, erklärte er und wiederholte seine Forderung nach null Toleranz. Klingt eh gut. Vielleicht wird Blatter aber schön langsam vergesslich. Hat nicht er selbst Milan-Spieler Kevin-Prince Boateng vor wenigen Monaten verurteilt, weil er nach Schmähungen ein Zeichen setzte, indem er das Spielfeld verließ? Hat nicht er selbst ähnliche Vorfälle in England heruntergespielt und Rassismus als kein nennenswertes Problem im Fußball bezeichnet? Doch vielleicht erwartet man auch zu viel vom Fußball. Freilich: Er kann, soll und muss mit Aktionen sensibilisieren. Er kann, soll und muss harte Strafen aussprechen, um Signalwirkung zu erzielen. Was er allerdings nicht kann, ist, die sozialen Probleme lösen, die sowohl in Italien als auch in Frankreich immer wieder zu Ausschreitungen führen. Wie sagte einer der Hooligans in Paris zum Radiosender France Info? "Wir werden heute Abend alles zusammenschlagen. Wir pfeifen auf den Fußball." Und da ist der Fußball machtlos. Hier muss die Politik am Ball sein.