Die kleinen Kraftwerke an Österreichs Bächen und Flüssen haben Tradition. Sie produzieren pro Jahr zirka 5,2 Terawatt-stunden elektrische Energie, damit lassen sich in Österreich rund 1,3 Millionen Haushalte versorgen. Doch jetzt geht es den Betreibern von Kleinwasserkraftwerken an den Kragen, denn das Entgelt für ihren Ökostrom reicht nicht zum Überleben. Sie fordern eine für alle Bundesländer geltende Regelung.
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"Wir pfeifen aus den letzten Löchern." Was Hanns Kottulinsky, Präsident des Vereins zur Förderung von Kleinwasserkraftwerken, drastisch formuliert, wird von seinen Mitstreitern bestätigt: Der Bestand der 1.700 Kleinwasserkraftwerke ist gefährdet. Ein Grund sind die billigen Atomstromimporte, mit denen große Energieversorger auf den freien Markt hereinbrechen. "Die Atomkraftwerke wurden massiv gefördert und betreiben jetzt ein europaweites Preisdumping" - für Christoph Wagner, Vereinssprecher für Oberösterreich, ist diese Situation bedrohlich. Obendrein wurde beim ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz) 2001 die Chance vertan, die Einspeisetarife für den "sauberen" Strom in angemessener Höhe und für alle Länder gleich anzusetzen. Tirol und Kärnten sind besonders knausrig, sie zahlen nur 2,33 bzw. 2,91 Cent pro kWh. Die Oberösterreicher haben es etwas besser getroffen. Dem Land ist der Strom aus Kleinanlagen 3,6 Cent/kWh wert. "Bei einem Preis von 2,9 Cent wird es zu Insolvenzen kommen", sagt Wagner: "Viele können die Zinsen nicht mehr zahlen." Viele Besitzer von Kleinwasserkraftanlagen stehen in der Kreide. Die Banken sind oft zu längerer Stundung der Kredite nicht mehr bereit und kassieren die Kraftwerke ein. Neidvoll schielen die heimischen Kleinwasserkraftwerker nach Deutschland, wo der Strom mit bis zu 7,63 Cent pro kWh vergütet wird. Dadurch werden die deutschen Kollegen aber auch zur potenten Bedrohung: Sie kaufen heimische Anlagen nach und nach auf.
Der als zusätzliche Förderung erfundene Handel mit Kleinwasserkraft-Zertifikaten ist in den Augen der Betroffenen ein Witz, denn er funktioniert nicht. Eigentlich sollte jedes Bundesland mindestens 8% seines Stroms aus Kleinwasserkraft abdecken, die Zertifikate gelten als Nachweis. Da Wien den Kauf der Zertifikate verweigert, ist der Markt in ganz Österreich zusammengebrochen. Wagner: "Wien hat keine Kleinanlagen und will daher lediglich die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) fördern." Der Ball liegt indes beim Bund, der ein solches Vorgehen überhaupt erst möglich machte. Jetzt fordern die Betreiber der Kleinanlagen eine Novelle des ElWOG.
Die Länder verhandeln gerade unter Vorsitz der Oberösterreicher über einheitliche Regelungen nicht nur für Kleinwasserkraft, sondern auch für Ökoenergie und KWK. Bis zum 12. Juni soll ein Entwurf vorliegen, der nur noch den Sanktus des Wirtschaftsministers braucht.