Bures: 15 Millionen Euro werden unter Unterzeichnern aufgeteilt. | Kritik der Länder: Es fehlt eine bedarfsgerechte Förderung. | Wien. Die Konfliktzone verläuft diesmal nicht innerhalb der Koalition, sondern zwischen Bundesregierung und Ländern. Am Montag um 24 Uhr ist die Frist für die Unterzeichnung des Vertrages zwischen Bund und Ländern zum Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes, der Sprachförderung und der Frühkindpädagogik ausgelaufen. Unterzeichnet wurde diese 15a-Vereinbarung aber nur von den SPÖ-regierten Bundesländern Wien, Salzburg, der Steiermark und dem Burgenland.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die ÖVP-regierten Länder Niederösterreich, Oberösterreich, Vorarlberg und Tirol sowie Kärnten verzichten damit auf Bundesfördergeld zum Ausbau der Kinderbetreuung. Denn die pro Jahr mit 15 Millionen Euro dotierte Förderung wird auf jene aufgeteilt, die unterzeichnet haben.
Niederösterreichs Familienlandesrätin Johanna Mikl-Leitner meinte dazu: "Gott sei Dank sind wir auf die finanzielle Unterstützung des Bundes nicht angewiesen."
Die Länderkritik verläuft auf zwei Ebenen: Einerseits macht man die vier Ressorts (Frauen-, Familien-, Unterrichts- und Wissenschaftsministerium) für einen schlechten Verhandlungsstil verantwortlich, andererseits wird auch massive inhaltliche Kritik an dem Vertragswerk geübt.
Frauenministerin Doris Bures hat zwar für Montag Früh "in letzter Not", wie sie sagt, noch Vertreter der Länder eingeladen, um doch noch alle ins Boot zu holen. Das war aber zu spät. "Spätestens seit 3. Dezember 2007 sind unsere Einwände auch in Wien bekannt, man hat sich aber mit unserer Kritik nicht auseinandergesetzt", erklärt Tirols Landeshauptmann-Stellvertreterin Elisabeth Zanon. Sie hofft, dass es noch zu Verhandlungen und einer Fristverlängerung kommt.
Das wird aber von Bures und auch von Familienministerin Andrea Kdolsky ausgeschlossen. Die Frist sei im Vertrag fixiert, sagte Bures. Eine Vertragsänderung nachdem bereits Länder unterschrieben haben, hält Kdolsky für unzulässig. Die Länder hätten sich mit ihren Bedenken auch viel zu spät gemeldet, heißt es aus dem Büro der Familienministerin.
Worum geht es? Bures hatte die Kinderbetreuungsförderung mit den SPÖ-regierten Ländern und Kärnten ausverhandelt, Kdolsky hat dies mit den vier ÖVP-Ländern getan. Ein Kompromiss, der schließlich im Ministerrat beschlossen wurde, sieht zwar eine Förderung der Tagesmütter vor, aber nicht so, wie die Länder das wollten. Gefördert wird nämlich nur die Ausbildung zu Tagesmüttern.
Auch bei den Qualitätskriterien zur Aufteilung der Fördergelder wollen die ÖVP-Länder nicht mit: Ganztagsplätze werden stärker gefördert als Halbtagsplätze. Die Länder wünschen sich aber eine bedarfsgerechte Förderung.
Kritik kommt aber nicht nur aus den Ländern, die den Vertrag nicht unterzeichneten, sondern auch aus den anderen. "Mit Bauchweh" hat Salzburg unterzeichnet. "Bevor wir den Bundeszuschuss verlieren, schlucken wird die Bittermandeln", sagt der zuständige Beamte in der Steiermärkischen Landesregierung, Albert Eigner, zur Unterschrift von Landeshauptmann Franz Voves.
Eigner sieht drei Problembereiche:
Die statistische Abrechnung der zusätzlichen Kinderbetreuungsplätze. Es wäre einfacher für die Handhabung, wenn Neubauten als Kriterium herangezogen würden. Zusätzliche Betreuungsplätze seien sehr schwer nachzuweisen, denn was mache man, wenn etwa die Geburtenrate sinke?
Alle bekennen sich zur Sprachförderung. Es sei aber schwierig, bei Kindern, die nicht in den Kindergarten gehen, eine Sprachstandardfeststellung durchzuführen. Das seien noch viele Fragen offen.
Die Verpflichtung zu einem Bildungsplan für den Kindergarten (ähnlich einem Lehrplan in der Schule) müssten die Länder leisten, ohne dessen Inhalt zu kennen.
Die Steiermark freue sich trotzdem über das Geld, der Bund wäre gut beraten gewesen, alle ins Boot zu holen, sagt Eigner.
Erbost ist man vor allem im Gemeindebund. Dort überlegt man sogar die Auslösung des Konsultationsmechanismus. Schließlich sind die Gemeinden für die Kindergärten verantwortlich.
Mehr zum Thema:Ziel sind 24.000 neue Plätze in der Kinderbetreuung
+++ Tirols Landeshauptmann-Stellvertreterin Elisabeth Zanon im Interview