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Es ist ein skurriles Rollenspiel, das tagtäglich auf den Wiener Straßen abläuft. Der Autofahrer, der sich gerade noch über den rechts überholenden Radfahrer beschwert hat, schimpft als Fußgänger auf dem Zebrastreifen über den Autofahrer, der ihm den Vorrang nimmt. Fährt er einmal mit den Öffis zur Arbeit, ärgert er sich über das langsame Vorankommen der Bim, die von den unzähligen Autos behindert wird. Und unterwegs mit dem Rad schüttelt er den Kopf über die Fußgänger, die über "seinen" Teil des Gehwegs schlendern.
Es geht nicht nur um mehr Rücksicht aufeinander, weil jeder auch einmal in der Rolle des anderen stecken könnte, sondern auch um eine fairere Aufteilung des knappen Guts öffentlicher Raum. Während die Wiener inzwischen fast genauso viele Alltagswege zu Fuß zurücklegen wie mit dem Auto, stehen den Fußgängern 253.435 Quadratmeter an Fußgängerzonen zur Verfügung, den Autos aber alleine zum Parken acht Quadratkilometer, also 8.000.000 Quadratmeter oder die Fläche der Bezirke vier bis acht. Das Verhältnis Autostraßen zu Geh- oder Radwegen dürfte ähnlich ausfallen.
Das Auto komplett aus der Stadt zu verbannen, wird nicht funktionieren. Es reicht aber, es als einen Teil eines Verkehrskonzepts zu betrachten, das Fußgängern, Radfahrern und öffentlichen Verkehrsmitteln mindestens die gleiche Bedeutung zumisst.