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Leitl: EU soll KMU mit Garantien helfen. | "Kommission muss rascher handeln". | "Wiener Zeitung":Was können die Konjunkturpakete, die jetzt in den EU-Ländern geschnürt werden, bewirken? | Christoph Leitl: Wir sind auf einer Fahrt durch den Nebel. Niemand weiß, was auf den nächsten 100 Metern auftauchen wird und wie man reagieren muss. Das eigentlich Gefährliche ist die Überlagerung von Finanz- und Konjunkturkrise. Das ist ein Giftcocktail für die Wirtschaft - vor allem durch die immer noch gestörte Kreditvergabe.
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Ist die Kreditklemme die größte Gefahr?
Ja. Derzeit borgt eine Bank der anderen nichts. Garantien wurden zwar von der Regierung angekündigt, aber noch nicht umgesetzt, weil auch die EU mitredet. Das geht mir alles viel zu langsam. Solange das nicht funktioniert, parken die Banken zwar Liquidität bei der EZB, aber geben sie nicht an die Kunden weiter.
Hat der 200-Milliarden-Plan der EU für die Konjunkturbelebung einen Zusatznutzen, oder handelt es sich um eine PR-Veranstaltung?
Nicht die 200 Milliarden Euro beeindrucken, sondern konkrete Aktionen. Die EU-Kommission soll erst einmal ihre Ankündigungen rasch umsetzen.
Mir fehlt zum Beispiel die seit einigen Wochen angekündigte Kreditlinie für KMU. Jeder Tag ohne sie ist ein verlorener Tag. Da ist einigen noch nicht ganz die Dringlichkeit bewusst.
Welche anderen konkreten Aktionen meinen Sie?
Was wir wirklich brauchen, sind Garantieelemente. Ich schlage einen EU-Garantiefonds für Klein- und Kleinstbetrieben vor. Denn diesen Betrieben fällt der Zugang zum Kapitalmarkt und günstigen Konditionen besonders schwer. Die EU soll für jeden seriösen Betrieb, der auch Investitionen tätigt, mit einer Summe von 50.000 Euro geradestehen. Das wäre für die Wirtschaft ein gewaltiger stimulierender Hebel nach oben.
Wie viel würde das denn kosten?
Jedenfalls nur einen winzigen Bruchteil von den 200 Milliarden Euro. Es handelt sich vorerst ja nur um Garantien, und das Ausfallsrisiko kann ziemlich genau berechnet werden.
Macht die Finanz- und Wirtschaftskrise die Umsetzung des EU-Klimaschutzpakets sehr viel schwieriger?
Ja, aber deshalb dürfen wir nicht die Klimaziele über Bord werfen. Sie müssen allerdings intelligent umgesetzt werden. Das, was derzeit geplant ist, nämlich für jede CO2-Emission Geld zu verlangen, ist unintelligent und eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Europa. Damit vertreibe ich Betriebe und Arbeitsplätze aus Europa. Daher muss es ein Benchmark-System geben. Das heißt, wer nach besten Standards produziert, soll keine zusätzlichen Kosten haben.
Frankreich will vielen Branchen die CO2-Rechte offenbar weiterhin gratis zuteilen. Was halten Sie von dieser Alternative?
Großflächige Ausnahmen sind keine Lösung. Die Grenzen sind schwer zu ziehen. Am Schluss bleibt dann nur mehr ein Feigenblatt übrig. Und irgendjemand muss die Rechnung bezahlen. Jene Branchen, die übrig bleiben, müssten entsprechend mehr bluten. Und ich sehe nicht ein, dass die Industrie Ausnahmen bekommt, egal auf welchen technischen Standards sie produziert.