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"Wir sind der Makler des Bundes"

Von Martin Sattler

Wirtschaft

Zentrale Beschaffung der öffentlichen Hand. | Das Volumen: 661 Millionen Euro. | Wien. Preisbewusstes Einkaufen ist nicht nur für Private ein Muss. Auch die öffentliche Hand kann es sich nicht leisten, mehr auszugeben als unbedingt notwendig. In Österreich werden jährlich Waren und Dienstleistungen im Ausmaß von 220 Milliarden Euro von Privaten, Unternehmen und Behörden eingekauft. 13 Milliarden Euro wendet allein die öffentliche Hand für Anschaffungen auf, fünf Prozent davon (661 Millionen Euro) werden über die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) abgewickelt.


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Kosten sinken im Schnitt um 14 Prozent

Die BBG wurde 2001 im Rahmen der Verwaltungsreform als hundertprozentige Tochter des Finanzministeriums gegründet und ist seither für das Beschaffungsmanagement des Bundes verantwortlich. Dabei sollen durch Bündelung und Standardisierung Zeit und Kosten gespart werden. "Durchschnittlich sinken beim Einkauf über die BBG die Kosten um 14 Prozent", so BBG-Geschäftsführer Andreas Nemec im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Vor Errichtung des Kaufvertrages definieren die Dienststellen ihren Bedarf und können dann aus den von der BBG ausverhandelten Kontrakten mit Zulieferern wählen. Durch die Reduzierung der Typenvielfalt bzw. das gebündelte Volumen können niedrigere Preise erzielt werden. Nemec: "Bisher war die BBG als Makler des Bundes vor allem für den Einkauf der Bundesstellen zuständig." Behörden der Länder und Gemeinden konnten aber bei Bedarf ebenfalls die Dienste der Gesellschaft in Anspruch nehmen, zahlten dafür jedoch eine Maklergebühr zwischen 75 und maximal 7500 Euro pro Jahr.

Novelle passiert den Ministerrat

Nach der Novelle zum Bundesbeschaffungsgesetz, deren Entwurf Mitte April den Ministerrat passiert hat, wird die BBG künftig auch die Beschaffung der ausgegliederten Unternehmen und Sektorenauftraggeber (Betriebe, die etwa in den Sektoren Energie und Wasserversorgung tätig sind) von Bund, Ländern und Gemeinden managen, wenn diese es wünschen. Damit können dann auch Sozialeinrichtungen, Spitäler und Schulen ihre Einkäufe zentral organisieren. Genau hier setzt aber die Kritik der Opposition an, die befürchtet, dass durch die Bündelung der Ausschreibungen Klein- und Mittelbetriebe (KMU) nicht mehr zum Zug kommen werden. Auch die Wirtschaftskammer sieht die Existenz vieler regionaler KMU durch Großausschreibungen gefährdet. Nemec zu den Vorwürfen: "Wir schreiben bereits viele Beschaffungen in Teillosen aus, um regionalen KMU die Teilnahme zu ermöglichen; dabei muss man bedenken, dass im Großteil unserer Beschaffungsgruppen gar keine Kleinunternehmen tätig sind." Eine Bevorzugung kleiner und mittlerer Betriebe wäre zudem vergaberechts- und gemeinschaftsrechtswidrig. "Viele Großanbieter beschäftigen regionale Subunternehmen, etwa beim Service vor Ort, die in der Statistik aber nicht aufscheinen", so Nemec. Derzeit mache der offizielle Anteil der Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern die Hälfte der BBG-Partner aus.

Doch auch die Bundesbeschaffung GmbH ist nicht mit allem zufrieden. Durch die seit Jänner 2006 beim Kauf eines PCs oder Druckers abzuführende Urheberrechtsabgabe wird der Einkauf verteuert. "Wir beschaffen jedes Jahr 25.000 PCs. Durch die Abgabe entstehen zusätzliche Kosten von einer halben Million Euro", ärgert sich Nemec.

70 Prozent Zeitersparnis durch e-Shop

Um in Zukunft das Service weiter zu verbessern, läuft seit Anfang des Jahres der e-Shop der Bundesbeschaffung. Damit wird der bisherige Bestellvorgang per Papier durch eine vollelektronische Abwicklung ersetzt. Anhand eines Online-Produktkatalogs können Bestellungen direkt an den Lieferanten gesendet werden. Damit sinkt laut einer Studie der Wiener Wirtschaftsuniversität der Zeitaufwand um 70 Prozent. Derzeit bietet der Katalog 260.000 Waren: von Bleistiften über Büromöbel bis zu IT. Vergangenes Jahr wurde ein Fünftel des Umsatzes über den e-Shop erzielt. 80 Prozent der Bundesstellen sind bereits registriert. Die vor fünf Jahren gegründete Gesellschaft beschäftigt 51 Mitarbeiter und konnte das Einkaufsvolumen von anfangs 295 Millionen auf 661 Millionen Euro im Jahr 2005 steigern. 70 Prozent des Volumens entfielen auf Waren und 30 Prozent auf Dienstleistungen. Ein Fünftel der Abrufe erfolgt von ausgegliederten Dienststellen, der Rest von Bundesstellen. Die Waren und Dienstleistungen sind in 32 Beschaffungsgruppen unterteilt. Energie, IT, Reinigung und Software sind dabei die größten Branchen. Bis 2010 möchte Nemec einen Beschaffungswert von einer Milliarde Euro erreichen. Aber: "Wir werden in Zukunft sicher nicht alle Verträge machen."