Die Bevölkerung der Europäischen Union wächst durch Zuwanderung. | Doch die Migrationspolitik zeichnet Kleinmut aus.
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Und sie wächst doch. Die Bevölkerungszahl in der Europäischen Union wird größer. Eine halbe Milliarde Menschen sind wir schon, erstmals in der Geschichte der EU. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung hervor, die das Wiener Institut für Demografie vorgestellt hat.
Die Nachricht ist gar nicht schlecht. Bekommen wir doch immer wieder zu hören, dass Europa mit den Folgen des Geburtenrückgangs und der Überalterung zu ringen habe oder dass die Sozialversicherungs- und Pensionssysteme ohne zusätzliche Arbeitskräfte langfristig nicht aufrechtzuerhalten seien.
Das Bevölkerungswachstum der EU war sogar schneller als das der USA, die vor mehr als 50 Jahren genauso viele Einwohner hatten wie damals die Gründungsstaaten der Europäischen Gemeinschaft: 163 Millionen. Vor drei Jahren lebten dann 300 Millionen Menschen in den USA.
Der Unterschied zwischen den Kontinenten ist aber: In den USA haben Geburtenüberschuss und eine gezielte Einwanderungspolitik dazu geführt, dass die Bevölkerung stetig mehr geworden ist. In der EU war nicht zuletzt deren Vergrößerung um weitere Länder die Ursache dafür. Von Geburtenüberschuss ist etwa in Osteuropa - wie es noch vor 20 Jahren der Fall war - keine Rede mehr. In Lettland ist die Bevölkerungszahl seit 1990 um fast 16 Prozent geschrumpft. Aus Rumänien und Bulgarien sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten Millionen Menschen weggegangen.
In der gesamten EU gab es in den letzten drei Jahren etwa gleich viele Geburten wie Sterbefälle. Dass wir trotzdem mehr werden, hat mittlerweile also nicht mit EU-Bürgern zu tun.
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Der Hauptgrund für Bevölkerungswachstum in der EU liege im Migrationsgewinn von außerhalb der Union, stellt der Direktor des Instituts für Demografie, Wolfgang Lutz, fest.
Es ist ein schönes Wort: Migrationsgewinn. Für Lutz ist es ein Fachbegriff, aber welchen Klang würde er bekommen, wenn ein Regierungspolitiker ihn verwenden würde? Würde es tatsächlich so viele Wählerstimmen kosten, wenn Einwanderung nicht als etwas Bedrohliches, Kriminelles oder Unerwünschtes dargestellt werden würde?
* Von der Erweiterung der EU hat Österreich profitiert, sagen Wirtschaftstreibende. Was machen Politiker? Übergangsfristen für Bürger der neuen EU-Staaten durchsetzen, um den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erschweren.
* Einbürgerung ist der Schlüssel zu Integration, sagt die Industriestaatenorganisation OECD. Wie ist es in Österreich? Die Kriterien für den Erwerb der Staatsbürgerschaft wurden in den vergangenen Jahren verschärft.
* Europa braucht qualifizierte Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland, sagt die EU-Kommission selbst. Und was schlägt sie vor? Leichteren Zugang zu Arbeitserlaubnis für Manager etwa. Aber nur für sie und nicht für ihre Partnerinnen.
* In Österreich werden in 20 Jahren 9,1 Millionen Menschen leben, sagt die demografische Untersuchung voraus. Ohne Immigration wären es nur 8,3 Millionen Einwohner - weniger als heute. Und wie tönten - keineswegs nur rechtsgerichtete - Politiker jahrelang? "Österreich ist kein Einwanderungsland."
Dies stimmt insofern, dass Einwanderungspolitik nur durch Restriktionen und keine Anreize gekennzeichnet ist - wie in vielen anderen westeuropäischen Staaten. Und eine gezielte Immigrationsstrategie auf EU-Ebene verhindern die Länder, die ihre eigenen strengen Regelungen nicht aufgeben wollen. Ein großes Konzept kommt so nicht zustande. Und in der Migrationspolitik regiert weiter der Kleinmut.