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Drei österreichische Filmproduzentinnen über ihren Status in einer Männerdomäne.
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Wie sieht eigentlich ein Filmproduzent aus? Das sind doch diese älteren, grau melierten Herren, die unter dem Sakko einen Bierbauch verstecken und mit der Zigarre im Mundwinkel von ihrem Ledersessel aus Schecks unterschreiben, oder? Soviel zum (Hollywood-)Klischee. Richtig daran ist jedenfalls: Es sind überwiegend Männer, die diesen Job machen, in dem es darum geht, ein Filmprojekt zu realisieren; Stoffe auszuwählen, Geld aufzustellen, Regisseure, Kreative, das ganze Team zusammenzubringen.
In Österreich gibt es nur eine Handvoll Frauen in dieser Männerdomäne: Gabriele Kranzelbinder ist eine von ihnen, und wahrscheinlich die Einzige, die ausschließlich produziert und nicht zusätzlich noch Regie führt, wie ihre Kolleginnen Barbara Albert oder Jessica Hausner. Mit ihrer Firma KGP hat Kranzelbinder unter anderem "Die Vaterlosen" und "Universalove" hergestellt. Demnächst kommt mit "What Is Love" der neue Film von Ruth Mader in die Kinos. Gerade im Entstehen ist die neue Arbeit von Hubert Sauper ("Darwins Nightmare").
Kann da ein Mann helfen?

"Ich habe mich daran gewöhnt, so ziemlich die einzige Frau in diesem Bereich zu sein, die noch dazu in verschiedene Gremien berufen wird", sagt Kranzelbinder, die etwa im Aufsichtsrat des Österreichischen Filminstituts oder im Beirat der Wirtschaftsfilmförderung Fisa sitzt.
Als Kranzelbinder ihre eigene Firma gründete, kam es zuweilen vor, dass ihr (männliche) Unterstützung nahegelegt wurde: "Gerade bei größeren Budgets riet man mir, das doch lieber mit einem Partner zu realisieren. Das wurde natürlich nicht offiziell gesagt, aber durch die Blume. So etwas passiert mir heute, dank einer zunehmenden Etablierung, nicht mehr."
Das Geld-Problem kennt auch Nina Kusturica ("Little Alien"), die gemeinsam mit Eva Testor die Firma "Mobile Film" betreibt. "Frauen sind exotische Vögel in der Branche, denn es geht um Geld und Macht: Dort, wo die Budgets groß sind, kommen die Männer zum Zug, dort, wo sie klein und überschaubar sind, die Frauen", sagt sie. "Es gibt keine gerechte Verteilung, Männer sitzen viel selbstverständlicher im Produzentensessel."
In den USA selbstverständlich

Diese Probleme blieben unausgesprochen, seien aber "in der Praxis deutlich zu spüren". Es gehe auch darum, dass Frauen häufiger als bisher in der Branche arbeiten könnten. "Das ist eines der größten Probleme: Eine kontinuierliche Arbeit zu finden, ist gerade für Frauen in der Filmbranche schwierig." Gabriele Kranzelbinder hat nicht das Gefühl, jemals anders behandelt worden zu sein, nur weil sie eine Frau ist. Jedoch: "Nach elf Jahren in meinem Beruf merke ich, dass es zunehmend anstrengend wird, eben weil es nicht viele Frauen in dem Beruf gibt. Zum Glück kommen nun einige junge nach."

Eine davon ist Constanze Schumann: Mit Anfang 30 gehört sie zum Nachwuchs in der Branche. Auch Schumann hatte "nie das Gefühl, diskriminiert zu werden, nur weil ich eine Frau bin. Ich wurde nur ein einziges Mal gefragt, als ich Produktionsleitung bei einem Projekt machte, ob ich mir eh zutraue, das zu schaffen. Aber das liegt lange zurück."
Die Jung-Produzentin, die derzeit für die Wiener Allegro-Film tätig ist, hat mit der Doku "Inside America" (Regie: Barbara Eder) 2010 ihre erste Produktion mit eigener Firma abgeschlossen, die etliche Festivalerfolge feierte. "Wir drehten in den USA und dort war es selbstverständlich, dass der Produzent des Films eine Frau war", erinnert sich Schumann. "In Österreich musste ich dieses Selbstbewusstsein erst finden. Wobei: Es ist kein Problem, eine Frau zu sein, sondern eher, dass ich noch jung bin und nicht schon 40 Filme produziert habe." Schumann ist nicht aus "feministischen Gründen" in diesen Beruf gegangen, "sondern, weil es eine Leidenschaft von mir ist, Geschichten zu erzählen, zu entwickeln und umzusetzen. Ich dachte nie: Ich bin eine Frau, und deshalb kann ich das nicht machen. Für mich zählte nur: Ich möchte das machen, und daher musste ich einen Weg finden, um dieses Ziel zu erreichen."

Das Problem liegt für Schumann auch in der Wahrnehmung von erfolgreichen Frauen. "Solche Frauen müssen immer tough sein und sollen zugleich menschlich und sympathisch wirken. Negativ betrachtet wird ihnen das als Schwäche ausgelegt", meint Schumann. "Aber in Wahrheit ist das eine Stärke, denn bei Männern vermisse ich oft diesen Mix. Falsch wäre, wenn wir Frauen uns wie Männer verhalten würden, denn das sind wir nicht."
Noch sind Kranzelbinder, Kusturica und Schumann seltene Beispiele für ihre Zunft. "Männer networken anders als Frauen", glaubt Schumann. "Sie decken sich gegenseitig viel mehr den Rücken", sagt Kusturica. Weshalb sie mit www.fc-gloria.at eine Vernetzungs-Plattform für Frauen in der Filmbranche gegründet hat, die deren soziale, rechtliche, wirtschaftliche oder künstlerische Positionen verbessern soll.
Der Weltfrauentag ist für die drei Produzentinnen das richtige Signal: "Solange es keine Gleichbehandlung von Männern und Frauen gibt", sagt Kranzelbinder, "solange Frauen und Männer für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden, muss man darauf aufmerksam machen. Die ungleiche Entlohnung hat viele Gründe, und wenn mehr Männer Entscheidungsträger sind, warum sollten die dann das System von sich aus ändern?"
Jede Gelegenheit, "gegen die ungerechte Verteilung zu protestieren, ist willkommen", findet auch Kusturica. Denn, das ist den Frauen klar: Das Klischee vom Herrn mit der fetten Zigarre dürfte sich noch länger halten.