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"Wir sind keine Rivalen"

Von Alexander U. Mathé

Politik
William Carlton Eacho III. ist erfolgreicher Ökonom und seit 2009 Botschafter in Wien.
© Andreas Urban

Gemeinsame Interessen Wiens und Washingtons bei Menschenrechten.


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"Wiener Zeitung": Die USA verfolgen den Enthüller Edward Snowden unter anderem wegen Spionage, gleichzeitig wurde durch ihn bekannt, dass Europa von den USA ausspioniert wird. Sie wurden von Außenminister Spindelegger deswegen zu einem Treffen gebeten. Was geschieht jetzt in der Causa?William Eacho: Wir stehen in Kontakt mit den österreichischen Behörden, aber das ist jetzt nicht etwas, das wir öffentlich diskutieren. Sie können sich sicher sein, dass die US-Regierung der EU angemessen antworten wird. Eines ist aber klar: Die USA führen Auslandsaufklärung durch, so wie alle anderen Länder auch.

Die Verfolgung Snowdens ist spektakulär, gehen Sie nicht zu weit?

Es ist doch klar, dass wir jemanden verfolgen, der offenbar Regierungseigentum stiehlt und weitergibt. Wir setzen unsere Möglichkeiten dafür ein, ihn zu fassen - jeder andere Staat würde das Gleiche tun.

Sind die Enthüllungen über die NSA nicht gerade jetzt, wo EU und USA eine Freihandelszone planen, besonders unangenehm? Es vermittelt den Eindruck, wir seien Rivalen, nicht Partner.

Wir sind keine Rivalen. Bei der Freihandelszone geht es um Wirtschaft, bei der NSA um internationale Verbrechen sowie Terrorismus, und den sehen wir schließlich nicht als normalen Welthandel an. Man darf sich da nicht ablenken lassen: Die NSA und andere Geheimdienste haben eine Aufgabe zu erledigen, so wie auch die Geheimdienste in Europa. Die können auch zusammenarbeiten, denn es ist sehr wichtig, in einer freien Welt zu leben. Um miteinander Handel treiben zu können, braucht man einen sicheren Ort. Daher profitieren beide Seiten von diesen Aktivitäten.

Wie schwer wird es grundsätzlich, ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU auszuhandeln?

Ich bin Optimist. Beide Seiten haben erkannt, dass sich dadurch unglaubliche Möglichkeiten eröffnen; nicht nur durch den Abbau von Zöllen, sondern auch von Barrieren abseits davon. Das wird auf beiden Seiten des Atlantiks potenziell Millionen Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum schaffen. Die EU-USA-Handelsbeziehungen sind schon jetzt die größten der Welt, die beiden Handelsblöcke machen den größten Teil des Welt-Bruttoinlandsprodukts aus. Aber es geht noch weiter: Wenn wir uns auf gemeinsame Normierungsstandards einigen können, dann werden das Standards für die ganze Welt sein. Ein Beispiel: Es ist schwer, ein Auto in Europa zu kaufen und es dann nach Amerika zu bringen, weil es dort andere Normen gibt. Da müssten viele Sachen wie Scheinwerfer und so weiter geändert werden. Das Auto müsste prinzipiell neu gebaut werden - das ist lächerlich. Wir haben sichere Autos in den USA und wir haben sichere Autos in der EU - es gibt keinen Grund, dass die nicht zueinanderpassen könnten. Haben wir das einmal unter einen Hut gebracht, können wir damit einen globalen Standard schaffen.

Wo treffen einander die Interessen Österreichs und der USA?

Wir teilen dieselben Werte. Wir versuchen, demokratische Werte und Menschenrechte in der Welt zu verbreiten. Wir sind enge Partner im UN-Menschenrechtsrat in Genf gewesen. Österreich und die USA haben dort zusammengearbeitet und durchwegs gleich abgestimmt. Ich denke, wir haben den Menschenrechtsrat auf eine neue Ebene gestellt. Diese Gemeinsamkeit lässt sich generell auf multilateralen Foren beobachten. Als Österreich Mitglied des UN-Sicherheitsrats war, hat es bei so gut wie jedem Thema mit den USA gestimmt, zumindest bei jedem wichtigen. Wir waren auch sehr dankbar für die Unterstützung Österreichs, zumal bei den Iran-Sanktionen und nuklearer Proliferation. Natürlich gibt es Punkte, in denen wir nicht übereinstimmen. Aber da agieren wir mit gegenseitigem Respekt.

Einer dieser Punkte ist wohl der Abzug Österreichs aus dem Golan?

Wir verstehen, dass Österreich abzieht. Die Situation am Golan hat sich verändert. Enttäuscht sind wir, weil Österreich dort 39 Jahre lang so gut gedient hat. Kein anderer Staat auf der Welt verfügt über eine Truppe, die so fähig und effektiv am Golan wäre wie Österreich. Die kennt die Geschichte, die Region und die Leute ganz genau. Wir bedauern es, dass die Gewalt dort Österreich zu dem Entschluss gebracht hat, abzuziehen, denn es wird unmöglich Österreich zu ersetzen. Man kann andere Truppen finden, aber es ist zweifelhaft, dass die so gut sein werden.

Nach fast vier Jahren werden Sie schon bald nach Amerika zurückkehren. Was werden Sie über Österreich erzählen?

Dass es ein wunderbares Land ist. Es ist ein verstecktes Juwel. Ich glaube, dass die Amerikaner nicht genug darüber wissen. Es ist ein verstecktes Juwel in Europa. Zuerst einmal ist es wunderschön, dann sind die Leute freundlich; man findet fast überall Menschen, die Englisch sprechen, was es einfach macht, als Tourist herumzureisen. Man kann Ski fahren, wandern und dann ist da noch die wunderbare Kultur.

Was werden Sie vermissen?

Wir werden viel vermissen. Wir haben hier Freunde gewonnen, die uns abgehen werden, auch wenn wir oft zurückkommen möchten. Wir werden das Essen vermissen: Nirgendwo in den Staaten macht man so gutes Wiener Schnitzel. Wir werden das kulturelle Angebot von Wien vermissen. Auch wenn wir Oper und Konzerte in Washington haben, so ist es doch nicht dasselbe. Es gibt nichts, das man mit dem Musikverein vergleichen könnte.