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Wir sind Klima

Von Ronald Schönhuber

Leitartikel

Unternehmen und Bürger sind die wahren Spielmacher.


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Am Freitag beginnt in Glasgow der offiziell letzte Tag des 26. Weltklimagipfels. Und anders als bei vielen Vorgängerkonferenzen hat es in der schottischen Industriemetropole in den ersten eineinhalb Wochen durchaus positive Signal gegeben. So haben sich knapp 100 Staaten dazu verpflichtet, die bedrohlich voranschreitende Entwaldung des Planeten bis zum Jahr 2030 zu stoppen. Ebenfalls bis 2030 hat sich die internationale Staatengemeinschaft auch eine substanzielle Reduktion des massiv klimaschädlichen Treibhausgases Methan verordnet.

Zusammen mit den von vielen Ländern mitgetragenen Maßnahmen wie einem früheren Kohleausstieg oder den vermehrten Investitionen in grüne Technologien ist damit zumindest eine kleine Kurskorrektur gelungen. So geht die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrer neuesten Modellrechnung davon aus, dass die globale Temperatur bis zum Jahr 2100 um 1,8 Grad ansteigen wird, wenn alle Versprechungen eingehalten werden. Wenige Wochen vor Beginn der Weltklimakonferenz hatte die UNO noch vor einer Erwärmung um 2,7 Grad gewarnt.

Den ultimativen Befreiungsschlag, auf den Klimaschützer so inständig hoffen, wird es in Glasgow trotz eines Kooperationsabkommens der USA mit China allerdings einmal mehr nicht geben. Verantwortlich dafür ist neben der nach wie vor überall sichtbaren Mutlosigkeit der Politik nicht zuletzt die Architektur, die mit dem Pariser Klimavertrag etabliert wurde. Nachdem der Klimagipfel in Kopenhagen 2009 spektakulär daran scheiterte, ein völkerrechtlich verbindliches Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll zu beschließen, legen die Staaten nun für sich und schon im Voraus fest, wie viel CO2 sie bis wann einsparen wollen. Gerettet wird das Weltklima - sofern diese Mammutaufgabe noch gelingen sollte - aber wohl ohnehin nicht auf den großen UN-Konferenzen. Entschieden dürfte das Match vielmehr auf den vermeintlichen Nebenschauplätzen werden, auf denen Unternehmen, Konsumenten und Bürger die Spielmacher sind. Klimaschutz passiert, weil Unternehmen - auch durch öffentlichen Druck - beschließen, ihre Wertschöpfungsketten CO2-neutral zu gestalten. Oder weil große Fondsgesellschaften plötzlich ganze Branchen mit hohem Fossilenergieanteil aus ihren Portfolios schmeißen. Klimaschutz passiert aber nicht zuletzt dann, wenn wir uns für eine Solaranlage auf dem Dach entscheiden. Oder für ein E-Auto. Oder dafür, bei Flugreisen einmal ein Jahr auszusetzen. Und Klimaschutz passiert auch dann, wenn wir Parteien wählen, die ein stringentes Klimaschutzprogramm haben. Allein auf die Klimakonferenzen für das globale Scheitern zu zeigen, ist zu billig. Denn das Klima, das sind wir alle.