US-TTIP-Gegner warnen vor sinkenden Standards.
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Wien. Sharon Treat trinkt aus ihrem Glas. Sie hat viel gesprochen in den vergangenen Tagen. Gemeinsam mit ihren beiden Kolleginnen Melinda St. Louis und Thea Mei Lee reist die ehemalige demokratische Politikerin durch Europa. Ihr Ziel: den Europäern zu verdeutlichen, dass das Match um das Handelsabkommen TTIP nicht Europa gegen USA heißt. Vielmehr gelte es Standards beiderseits des Atlantiks zu verteidigen, betonen die drei US-Amerikanerinnen, die auf Einladung der Grünen im Europäischen Parlament in Wien referierten.
Für Treat, St. Louis und Mei Lee ist das Abkommen keine Chance, sondern vielmehr eine Gefahr. Für die Konsumenten, die Arbeitnehmer und die Natur. Denn TTIP möchte Schutzrechtlinien abbauen, "simplifizieren" oder "harmonisieren", wie sie ironisch betonen. Das Hauptargument der zusätzlichen Arbeitsplätze ist für Mei Lee, die den größten Gewerkschaftsdachverband Nordamerikas vertritt, zwar richtig. Neue Jobs würden entstehen, die Qualität und die Bezahlung jedoch würden sinken, vor allem in Europa. Das Phänomen der "working poor" - also Menschen, die trotz Arbeit arm sind - würde sich in der EU weiter verbreiten. St. Louis, die für die Konsumentenschutzorganisation Public Citizen arbeitet, stört zudem, dass zu den Verhandlungsdokumenten von TTIP so gut wie kein Zugang besteht. Das Versprechen von Barack Obama, eine transparente Präsidentschaft zu führen, werde hier nicht eingelöst, sagt sie. Das sorge für Unsicherheit.
Die heftig umstrittenen Internationalen Schiedsgerichte, an die sich ausländischen Investoren im Falle einer vermeintlichen Benachteiligung wenden könnten, hält die US-Amerikanerin für "sinnlos". "Kein amerikanisches oder europäisches Unternehmen wird maßgeblich in den jeweiligen Ländern benachteiligt. Wir brauchen die Gerichte nicht. Die aktuellen Regeln reichen", ist St. Louis überzeugt.
Dem schließt sich Sharon Treat an. Sie befürchtet, dass europäische Lebensstandards, vor allem hinsichtlich genmanipulierter Lebensmittel, durch Schiedsgerichte fallen könnten. Bei der EU-Kommission versucht man, solche Bedenken zu zerstreuen. Europäische Lebensmittel- und Sicherheitsstandards seien eine "rote Linie", die bei den Verhandlungen nicht überschritten werde, heißt es. Zudem obliege die Regulierung von genmanipulierten Lebensmitteln dem österreichischen Staat. Vom 13 bis zum 17. Juli gehen die Verhandlungen zu TTIP in ihre zehnte Runde.
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