Der zur Syriza-Führungsriege gehörende Athener Abgeordnete Dimitris Stratoulis im Interview.
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"Wiener Zeitung": Herr Stratoulis, wie bewerten Sie den Ausgang der Präsidentenwahl?
Dimitris Stratoulis: Das ist ein politsches Waterloo für Samaras und seine Regierung. Herr Dimas war sein Kandidat. In allen drei Wahlgängen hat Dimas auch nicht annähernd die erforderliche Stimmenzahl erreicht. Wir haben unser Ziel hingegen erreicht - die Regierung zu stürzen. Jetzt hat endlich das griechische Volk das Wort. Es kann in freien Wahlen seinen Willen zum Ausdruck bringen. Die Entscheidung lautet: Entweder soll der von der Regierung Samaras betriebene Austeritätskurs mit seinen katastrophalen Folgen für die griechische Wirtschaft und Gesellschaft fortgesetzt werden oder in Griechenland ein Wiederaufbau in Angriff genommen werden, um auf den Wachstumspfad zurückzukehren.
Syriza liegt in allen Umfragen vor der Nea Dimokratia, aber die Schere schließt sich kontinuierlich. Wie sieht Ihre Prognose für die Parlamentswahlen am 25. Jänner aus?
Syriza wird einen Wahltriumph erringen. Unser klares Ziel ist die absolute Mehrheit. Dann werden wir auch eine Alleinregierung stellen.
Falls es aber dafür nicht reichen sollte? Welche Koalitionen böten sich aus Ihrer Sicht an?
Wir wollen eine linke Regierung bilden. Aber auch andere Koalitionspartner kämen infrage, aber nur die Parteien, die klar gegen den Austeritätskurs und die Kreditverträge mit der Troika sind. Aber zuerst muss das griechische Volk entscheiden, welche Parteien überhaupt im griechischen Parlament vertreten sein werden.
Was wird eine Syriza-Regierung tun?
Drei Dinge: Wir wollen uns wieder wie ein normales Land Geld leihen, egal woher. Das bedeutet ohne jegliche Auflagen. Zweitens werden wir mit unseren Geldgebern über einen Schuldenerlass verhandeln. Unser Programm sieht vor, dass der größte Teil unserer Staatsschuld gestrichen werden muss.
Das wären bei einer aktuellen Staatsschuld von 321 Milliarden Euro mehr als 160 Milliarden Euro. Das meiste Geld hat Hellas von seiner öffentlichen Gläubiger-Troika aus EU, EZB und IWF geliehen.
Genau. Und drittens werden wir einseitig unser sogenanntes Thessaloniki-Programm umsetzen. So wollen wir die humanitäre Krise in Griechenland bekämpfen.
Was, wenn die Troika auf dem Prinzip "Geld nur gegen Konditionen" besteht? Riskieren Sie dann einen Staatsbankrott?
Wir setzen darauf, dass unsere Partner in Europa und der IWF einsehen, dass eine Syriza-Regierung das frische Votum der griechischen Bevölkerung erhalten haben wird. Andernfalls müssten wir gleich die Demokratie abschaffen. Griechenland und kein Land in Europa darf wie eine Kolonie behandelt werden.
Sie zählen zum linken Syriza-Flügel, der auch einen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone nicht ausschließt. Ihr Parteichef Alexis Tsipras will Griechenland hingegen in der Eurozone halten. Was ist, wenn er dem Druck der Gläubiger-Troika nachgibt? Wird sich Syriza dann spalten und die Regierung fällt?
Syriza ist vereint wie nie zuvor. Wir werden in Europa einen Kampf führen. Wir werden uns keinem Druck oder Erpressung beugen. Das griechische Volk wird uns die Stimme dafür geben.
Zur Person:
Dimitris Stratoulis ist 56 Jahre alt und für SYRIZA - Vereinte Soziale Front Abgeordneter zum griechischen Parlament.