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Wahlkampfleiterin der Neos über nächste Zündstufen und die Männerdominanz.
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"Wiener Zeitung": Schon erholt von der "postkoitalen Depression" nach dem Wahlerfolg, von der Parteichef Matthias Strolz sprach?Grace Pardy: (lacht) Den Ausdruck kannte ich nicht. Die Batterien waren leer, aber Depression würde ich es nicht nennen.
Bei künftigen Wahlen droht der erste Rückschlag, wenn die selbst gelegte Latte unterschritten wird.
Für die EU-Wahl sind zehn Prozent realistisch, auch in Wien sehe ich uns zweistellig. Aber wenn man zu schnell wächst, übersieht man Baustellen. Wir sind nach wie vor ein Start-up und kein Großkonzern.
Das Missionarische der Neos wird sich abnützen.
Wir sind nicht missionarisch, sondern binden die Bürger ein. Das wird sich in den nächsten fünf Jahren nicht abnützen. Und dann wollen wir in die Regierung.
Sind ÖVP-Krisen zusätzliche Einfallstore für die Neos?
Wie sich die ÖVP mit sich selbst beschäftigt, ist ihre Sache. Aber sie soll nur nicht ganz Österreich damit in Geißelhaft nehmen.
Und wenn die ÖVP auf die Neos reagiert und liberaler wird?
Wir haben unsere Kernthemen, die wir unabhängig von der ÖVP durchziehen.
Warum sollen die Neos die bessere Europapartei als die ÖVP sein, die mit dem Vizepräsidenten des EU-Parlaments, Othmar Karas, ins Rennen geht?
Wir sind inhaltlich stärker.
Das kann jeder sagen.
Das Programm wird innovativer und überraschender.
Ist der Zugang "wir lieben Europa" nicht ein bisschen platt und nix anderes als das "Immer wieder Österreich" der FPÖ?
Nein. Die positiven Emotionen zu Europa sind bei Jungen da. Wir zeigen Chancen auf.
Die Grünen stellen die Neos wegen ihrer Wirtschaftspolitik ins neoliberale Eck.
Nach den Wahlen ist der Schmerz bei ihnen offenbar groß.
Läuten bei der Markenmanagerin die Alarmglocken bei der Kombi Neos und Neoliberalismus?
Das ist Versuch, uns ins Eck zu drängen.
Warum gehen Sie nicht darauf ein und sagen, was gut ist am Wirtschaftsliberalismus?
Weil es sich um eine Negativbotschaft handelt. Zur Eigenverantwortung der Bürger und zum Markt stehen wir.
Was ist Neoliberalismus für Sie?
Ein Wirtschaftssystem, das rein auf Leistung und auf Kosten sozial Schwacher geht. Wer unseren Ansatz in der Gesundheitspolitik, im Sozialbereich oder in der Debatte um syrische Flüchtlinge kennt, weiß, so sind wir nicht.
Die Neos sind ideologisch eher weich - mit liberalen, grünen, bürgerlichen, linken Zutaten. Erschwert das Fehlen von Ecken und Kanten das Wahlkämpfen?
Überhaupt nicht. Wir sind eine liberale Bürgerbewegung der Mitte, die es braucht. Denn den Leuten stinkt’s. Unsere Kurve geht weiter steil nach oben.
Sind die Neos eine Männerpartie? Zahl der weiblichen Abgeordneten: zwei von neun.
Im Vorstand haben wir rund 50 Prozent Frauen. Aber ja, wir wollen mehr Frauen. Wir tauchen in das Thema gerade ein. Woran liegt es, dass Frauen sich zwar engagieren, aber seltener den Schritt in die aktive Tagespolitik machen? Ich war die einzige Frau in einem Vorstand eines globalen Konzerns, obwohl Schweden das Land mit höchster Frauenbeteiligung ist. Also selbst dort . . .
Frauenquoten sind aber das Gegenteil von liberal, oder?
Keine Quote!
Neos-Bundesgeschäftsführer wurde Feri Thierry, obwohl manche Sie gerne in der Position gesehen hätten. Waren Sie enttäuscht?
Wir müssen persönliche Ambitionen hintanstellen. Eine Person alleine hätte das nicht geschafft.
Strolz dominiert die Neos-Bühne. Man hat den Eindruck einer One-Man-Show. Ist das eine Art der Markenführung?
Ich sehe das anders. Angelika Mlinar oder Beate Meinl-Reisinger sind gut positioniert.
Ad "postkoitale Depression" und "Flügel heben": Die Neos sind die Metaphernpartei Österreichs. Ist das nur dem Naturell von Strolz geschuldet oder Neos-Strategie?
Das ist kein Kalkül. Aber auch ich komme aus der Bildersprache. Derzeit wollen wir "Salzburg wachküssen", denn die Stadt ist "im Dornröschenschlaf".
Sind Bilder nicht auch Floskeln?
Das ist eine andere Schiene. Durch Bilder erzeugt man emotionales Verstehen.
Ab wann sind Bilder Floskeln?
Wenn leere Hülsen bleiben, sind es Floskeln.
Die Neos halten nichts von typisch österreichischen Tabus wie der Neutralität (siehe "Wiener Zeitung", 1. 11. 2013). Verwundert, dass die "Krone" noch keine medialen Watschen verteilt hat?
Inhaltlich kann ich dazu nichts sagen. Aber wir reden Klartext. Das kommt wohl an. Sagen die einen, die Pensionen sind sicher, reden wir von der Pensionslüge.
Die Regierung setzt auf Teambuilding. Wie sieht’s bei den Neos aus?
Wir praktizieren systemische Aufstellungen. Dabei nimmt man Positionen inhaltlich und physisch ein. Dabei wird das Team und seine Probleme abgebildet. Man stellt sich so hin, wie man sich fühlt. Es werden positive und negative Spannungsfelder sichtbar. Das kann man verarbeiten. Das ist nicht jedermanns
Sache.
Gibt es Teilnahmepflicht?
Es gibt keinen Klubzwang.
Zur Person
Grace Pardy ist die Wahlkampfmanagerin der Neos und auch für das Fundraising zuständig. Sie sammelte Marketingerfahrung bei internationalen Konzernen. Zuletzt war sie zwei Jahre lang Marketingchefin des Nobia-Konzerns in Schweden. Davor war die 49-Jährige zuständig für Marketing und Business Development bei der Pressefreiheitsorganisation International.