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"Wir wollen die Türen öffnen"

Von Petra Tempfer

Politik

Beim Umgang mit der FPÖ setzt auch Deutsch auf Konfrontation statt Dialog.


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Wien. Gemeinsam mit Ariel Muzicant gründete er vor 15 Jahren die Wahlliste "Atid" (Zukunft) der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). Nun ist er selbst Teil dieser Zukunft geworden: Oskar Deutsch, der Dienstagabend als Nachfolger Muzicants mit 96 Prozent der Stimmen zum Präsidenten der IKG Wien und des Bundesverbandes gewählt wurde.

"Wiener Zeitung": In der 14 Jahre währenden Ära Ihres Vorgängers Ariel Muzicant ist viel passiert, er hat die Gemeinde aufgebaut. Gibt es etwas, mit dem Sie nicht einverstanden waren, und das Sie anders machen möchten?Oskar Deutsch: Alles, was Muzicant gemacht hat, war mit der Partei oder den Koalitionspartnern akkordiert. Ich werde hier Kontinuität zeigen. Allerdings wird mein Themenschwerpunkt ein anderer sein: Wir wollen die Türen öffnen und uns als Teil der österreichischen Gesellschaft präsentieren. Mehr auf die nicht-jüdische Öffentlichkeit und vor allem die Jugend zugehen. Es wird neue jüdische Medien geben, einen Online- und einen Facebook-Auftritt.

Gibt es innerhalb der Gemeinde ein Umdenken in diese Richtung?

Ich glaube schon. Das Paradebeispiel dafür waren die Europäischen Makkabispiele, die ich 2011 erstmals in Wien organisierte. Es war ein achttägiges Ereignis, bei dem 2000 Juden aus aller Welt Sport betrieben. Sport treiben bedeutet übrigens, eine andere Art von Judentum zu präsentieren, als es in vielen Köpfen verankert ist. Einerseits waren die Solidarität und der Zusammenhalt zu spüren, andererseits kamen viele Nicht-Juden - und es war toll, Teil dieses Ganzen zu sein.

Bedeutet dieser neue Zugang auch, die Gemeinde aus der Opferrolle heraus zu führen?

Die Geschichte darf man nicht verleugnen. Im Gegenteil: Es ist unsere Aufgabe, diese Ereignisse an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Es gibt ja bald keine Zeitzeugen mehr. Ich sehe darin aber keine Opferrolle.

Wollen Sie bezüglich des Zugangs zur FPÖ etwas ändern? Es vielleicht weniger radikal als Muzicant angehen und den Dialog suchen?

Mit wem wollen Sie kommunizieren? Strache bezeichnet die FPÖ als die "neuen Juden" und ist nicht einmal beschnitten. Mit der Übernahme Haiders hat die FPÖ begonnen, sich antisemitisch zu äußern, was in dem Satz Haiders gipfelte: "Ich verstehe überhaupt nicht, wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann." Danach haben es ihm FPÖ-Mandatare gleichgetan, ich erinnere an das Plakat bei den Nationalratswahlen 2006: "Daham statt Islam." Das geht nicht.

Ist Ihrer Ansicht nach Heinz-Christian Strache im Vergleich zu Jörg Haider das geringere Übel?

Nein, Strache ist nicht harmloser. Er ist von Leuten umgeben, die zum Teil aus diesem rechtsradikalen Milieu kommen. Ich sehe keine Verbesserung.

Ist Ihr Bestreben vielmehr, die Kultusgemeinde zu stärken und Mitglieder zu werben?

Wir haben 8000 Mitglieder, vor einiger Zeit waren es noch 6000. Unsere Initiative, Juden, die in Wien leben, zu Mitgliedern zu machen, zeigt also Erfolg - wir werden sie in den nächsten Monaten und Jahren intensivieren.

Bereits im November, wenn die Mitglieder den Kultusvorsteher neu wählen, könnte allerdings ein anderer Präsident kommen. Ist Martin Engelberg mit der Liste "Chaj" (Jüdisches Leben), der übrigens auch mit der Idee, die IKG zu öffnen, für sich wirbt, ein realistischer Gegenkandidat?

Ich weiß noch nicht, wer kandidiert. Es gibt einige, die an die Medien herantreten, aber noch nichts für die Gemeinde getan haben. Im Moment beschäftigt mich anderes. Am 13. Mai zum Beispiel öffnen wir die Türen des Wiener Stadttempels in der Seitenstettengasse im 1. Bezirk, das muss organisiert werden.

Zur Person
Oskar Deutsch
Der heute 48-Jährige wurde in Wien geboren und stieg nach seinem Wirtschaftsstudium im Familienunternehmen "Alvorada KaffeehandelsgesmbH" ein. 1997 war er mit Ariel Muzicant Mitbegründer der Wahlliste "Atid" (Zukunft) und wurde 1999 Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde. Seit Dienstag ist er deren Präsident.