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"Wir wollen hier keine Roma"

Von Tamas Denes

Europaarchiv

Wien/Paks - Die Situation der Roma ist der große schwarze Fleck auf der sonst eher weißen politischen Weste Ungarns. Aktionen, wie die Gründung einer "Schule für Weiße" oder die Weigerung der Bevölkerung, Roma aus baufälligen Häusern in umliegende Behausungen einziehen zu lassen, vergifteten in jüngster Zeit das Klima zwischen den Volksgruppen. Die EU hat am vergangenen Mittwoch derartige Missstände in ihrem Fortschrittsbericht kritisiert.


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Die Ereignisse in der ostungarischen Stadt Jászladány erinnern an finsterste Apartheid-Zeiten. Die Stadtverwaltung gründete eine Schule, die ausschließlich für "Weiße" bestimmt war. Roma-Kinder hätten demgemäß dort keinen Zutritt gehabt. Nach fünf Tagen ihre Bestehens musste diese Schule allerdings geschlossen werden, da das Vorgehen der Behörden schlicht verfassungswidrig war.

In der AKW-Stadt Paks wiederum hätten Roma aus einem Stadtteil ausziehen sollen, da der Zustand ihrer Häuser lebensbedrohlich geworden war. Sie erhielten zwar provisorische Bleiben in den umliegenden Dörfern zugesprochen - nur wollte sie dort niemand haben: Die ansässigen Bewohner organisierten gegen den Zuzug der Roma eine Demonstration, an der etwa 500 Leute teilnahmen. Was in ihren Augen gegen die Neuankömmlinge sprach: Diese seien als Kriminelle bekannt und "nicht zu zähmen".

Kein Platz für "Parias" und präventive Hetzkampagnen

Nun wohnen die unerwünschten Roma in Wohnungen, die von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt wurde. Ihre früheren, baufälligen Behausungen sollen abgerissen werden, an deren Statt soll innerhalb kürzester Zeit ein Neubau errichtet werden. Eine Variante, die reichlich unrealistisch anmutet. Wie der Bürgermeister von Paks, Imre Bor, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärte, hätten die jeweiligen Gemeindeverwaltungen auch ihren Teil dazu beigetragen, dass die obdachlosen Roma kein neues Haus in den Nachbarsdörfer kaufen konnten. Wo es ihnen aber doch gelang ein Bleibe zu erstehen, protestierten die Einwohner und demolierten schließlich das Grundstück.

In einer anderen Gegend versucht man mögliche Ansiedlungen von Roma präventiv mit Hetzkampagnen zu verhindern. Wie die größte ungarische Tageszeitung "Népszabadság" kürzlich berichtete, seien im östlichsten Komitat Ungarns, in Hajdú-Bihar, unlägst tausende Plakate gesichtet worden, die die Aufschrift tragen: "Wir wollen keine Roma mehr in Hajdúhadház." Die Herausgeber konnten - noch - nicht identifiziert werden.

Nicht zuletzt wegen solcher immer wieder auftretenden Anfeindungen bezeichnete die zweitstärkste Romapartei des Landes, der BRÖ, die Europäische Union als die "letzte Hoffnung für Roma und Sinti in Ungarn".

Und die EU weiß um diese Missstände. In ihrem jüngst erschienenen Fortschrittsbericht äußert die Kommission betreffend Ungarn ihre Besorgnis nicht nur in Sachen Korruption und Zentralverwaltungsfähigkeit, sondern auch hinsichtlich der Integration der Roma.