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"Wir wollen unseren 8er zurück"

Von Arian Faal

Politik

Anrainer und auch Bezirkschefs entlang des Gürtels sind für die Wiedereinführung der alten Straßenbahnlinie 8.


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Wien. Nostalgiker können sich freuen. Die immer wiederkehrende Diskussion um die Wiedereinführung der bei den Wienern überaus beliebten ehemaligen Gürtelstraßenbahnlinie 8 (1907 bis 1989) hat im Frühjahr und Sommer 2016 einen neuen Höhepunkt erreicht. Viele Anrainer, aber auch vier Bezirksvorsteher würden sich sehr über eine Reaktivierung der Bim freuen. "Wir wollen unseren 8er zurück. Es war die größte Fehlentscheidung eine so wichtige Linie einzustellen", sagt etwa Erika Puhl, die bei der Station Thaliastraße wohnt.

"Frauen, ältere Menschen und Kinder sind in einer Straßenbahn entlang des Gürtels wesentlich besser aufgehoben als in der U6", erklärt sie. "Wie viel haben wir in dieser Horrorbahnlinie mit Drogendealern, Ungustln, Betrunkenen und Dieben schon erleben müssen", klagt die dreifache Mutter. "Wir brauchen endlich wieder eine Straßenbahn und wenn es nur am Gürtel von Lichtenwerder Platz über die Gleise der Linie 62 nach Meidling ist, damit nicht viel umgebaut werden muss", sagt auch Franz List. Eine Befragung würde heute eine große Mehrheit für die Wiedereinführung ergeben, sind sich beide sicher.

Diese Wünsche der Bürger versteht auch der Bezirksvorsteher des 15. Bezirks. "Ich bin auch kein Freund der U6 und würde eine Wiedereinführung am Gürtel unterstützen", sagt Gerhard Zatlokal. Zwar sei sein Bezirk mit den Linien 6 und 18 bis zur Burggasse bestens parallelversorgt, doch sehe er ein, dass Leute, die weiterfahren wollen, hier eine Alternative brauchen.

Entflammt ist die Debatte übrigens, weil im 15. und 16. Bezirk Bezirksräte der Plattform "Wien anders" im Juli Anträge zur Wiedereinführung der parallel zur damaligen Stadtbahn (heute U6) verlaufenden Linie einbrachten. Im 15. Bezirk wurde der Antrag wegen Stimmengleichheit abgelehnt, im 16. einstimmig angenommen. Dennoch soll die Sache im 15. Bezirk noch einmal besprochen werden, verspricht Bezirkschef Zatlokal, der bei der Abstimmung abwesend war. Denn: "Es ist eigenartig, dass der Bezirksrat einen Antrag einbringt und dann selbst nicht anwesend ist. Die Sitzungstermine hat er seit Ende 2015 gekannt", wundert sich Zatlokal. Der Wien-anders-Bezirksrat Didi Zach hätte den Antrag zurückziehen und im Herbst neu abstimmen lassen können.

In Ottakring wurde der Antrag einstimmig angenommen und der Akt befindet sich nun in der Meinungsbildungsphase. "Wir haben den Antrag an die Kommission für Mobilität und Entwicklung zugewiesen und im September wird darüber beraten", erklärt Bezirkschef Franz Prokop im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Beachten müsse man aber bei allen Überlegungen, dass auf einigen Abschnitten der ehemaligen Gleise der Linie Fahrradwege und Gastronomie entstanden seien und dies miteinkalkuliert werden müsse, meint Prokop.

Rund um den 8er gab es schon in der Vergangenheit öfter Diskussionen. An 27 Stationen zwischen Liechtenwerder Platz bei der Spittelau im Norden und der Schleife Murlingengasse beim Bahnhof Meidling-Philadelphiabrücke im Süden hielt der 8er. Die Züge bedienten damit die Bedürfnisse der Kurzstreckenfahrgäste zwar räumlich besser, aber langsamer als die Stadtbahn. Nach der Einstellung wegen der Parallelführung gab es Proteste und eine Bürgerbefragung, die aber wegen zu geringer Beteiligung zum Aus für den 8er führten.

Und was sagen die Wiener Linien zu all dem? Bereits im Oktober 2014 musste der Wiener-Linien-Sprecher Dominik Gries, als die Frühverkehrsintervalle der U-Bahn-Linie U6 von drei auf zweieinhalb Minuten gestrafft wurden, zugeben, dass man "am Limit" sei. Johanna Griesmayr, die Sprecherin der Wiener Linien bremst nun aber die Euphorie, dass deswegen der 8er bald wieder fahren könnte. "Wir verfolgen solche Debatten natürlich mit Interesse - eine Reaktivierung des 8er ist aus unserer Sicht aber nicht notwendig und daher nicht in Planung", erklärt sie.

Die Stadt investiere laufend in den Ausbau des Angebots, dabei müsse das Netz aber gesamtheitlich betrachtet werden, heißt es weiter. "Zahlreiche Netzanalysen haben ergeben, dass das 2014 beschlossene Linienkreuz U2/U5, das bestehende Netz optimal ergänzt. Neben der U6 werden auch weitere innerstädtische Linien, wie U3 und 43er, entlastet", so Griesmayrs Replik. Außerdem sei es die Politik, die entscheide, und nicht die Wiener Linien.

Für die Bezirkspolitiker ist die Sache noch lange nicht gegessen. Döblings Bezirkschef Adi Tiller ist ein starker Fürsprecher des Projekts und fordert einen Schulterschluss der Bezirke. "Wir haben im 19. Bezirk noch alle Gleise der Linie 8 und ich würde eine Wiedereinführung sehr begrüßen", sagt er. So könnten Fahrgäste der Linien 37 und 38 wieder am Gürtel in die Straßenbahn statt in die U6 einsteigen und das wäre sehr nützlich", erklärt er.

Auch der Mariahilfer Bezirksvorsteher Markus Rumelhart würde bei einem Schulterschluss der Gürtelbezirke mitmachen - "wenn es für die Nutzer einen positiven Effekt hat und es machbar ist". Für alle Beteiligten steht jedenfalls außer Zweifel, dass die Debatte rund um den 8er noch einige Monate weitergehen wird.