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Österreichs Wirtschaft will im Iran wieder mitmischen.
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"Wiener Zeitung": Österreichs Wirtschaft blickt wieder verstärkt auf den Iran. Warum gerade jetzt?Richard Schenz: Das erklärt sich leicht. Weil die Gespräche in Genf und das jüngste Zwischenabkommen zwischen dem Westen und dem Iran im Atomstreit doch Anlass geben für einen verhaltenen Optimismus.
Deswegen waren Sie selbst erst von 6. bis 9. Dezember mit einer großen Delegation in Teheran?
Völlig richtig. Die Delegation bestand aus 17 Firmen und mir. Von diesen Firmen wurde eine Mehrheit von Persern repräsentiert.
Welche Persönlichkeiten haben Sie getroffen?
Zunächst einmal die Umweltministerin Masoumeh Ebtekar. Dann noch den Wirtschaftskammerpräsidenten des Iran und jenen der Teheraner Wirtschaftskammer. Außerdem hatten wir
einige Unterredungen mit hochrangigen Beamten aus dem Infrastruktur-, Industrie- und Umweltministerium.
Was war der genaue Zweck der
Reise?
Wir wollten ein Signal setzen, dass Österreich nach wie vor existiert. Natürlich wollten wir auch zum Ausdruck bringen, dass wir wirtschaftlich gut dastehen. Zudem war es ein Hinweis, dass wir über modernste Technologien verfügen.
Welche Firmen haben Sie begleitet?
Ich kann Ihnen die Namen nicht nennen, aber sie arbeiten auf dem Sektor des Ingenieurswesens, der Stadtentwicklung und der Umweltschutztechnologien.
Wurden konkrete Absichtserklärungen mit iranischen Firmen oder der Führung abgeschlossen?
Nein, das nicht. Aber wir haben erfahren, was die dringendsten Projekte der Islamischen Republik sind. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Umweltschutz- und Infrastruktureinrichtungen. Vorrangig möchte ich Straße, Schiene und U-Bahn erwähnen.
Die Reise war also quasi eine erste Tuchfühlung, auf der weiter aufgebaut werden soll?
Ja, wobei ich dazu sagen möchte, dass wir nie unser Wirtschaftsbüro in der iranischen Hauptstadt Teheran geschlossen oder reduziert hatten. Wir waren immer vor Ort.
Wie sind Sie verblieben?
Wir haben ein Signal abgegeben, dass wir offen dafür sind, die Wirtschaftsbeziehungen so bald wie möglich wieder aufzunehmen. Wir haben auch die iranische Kammer und die Teheraner Kammer informiert, dass wir durchaus bereit sind, iranische Delegationen in Wien zu empfangen.
Die letzten acht Jahre unter Präsident Mahmoud Ahmadinejad war es nur sehr schwierig, mit dem Iran Geschäfte abzuschließen.
Absolut. Weil selbst Produkte, die nicht dem Wirtschaftsembargo unterlagen, nicht geliefert werden konnten. Es war ja die Bezahlung nicht möglich, da die österreichischen Banken keine Gelder von iranischen Banken akzeptiert haben.
Welchen Stellenwert hat Österreich Ihrer Meinung nach im Iran?
Wir haben definitiv einen sehr hohen Stellenwert. Lassen Sie mich auch noch zu den Sanktionen ein Wort sagen: Der Eindruck, den wir bei unserer jüngsten Reise vermittelt haben, war der, dass Österreich sich eher moderat verhalten hat betreffend der EU-Sanktionen. Das heißt, wir sind nicht wie andere kämpferisch für Sanktionen eingetreten.
Viele Beobachter geben der österreichischen Diplomatie auch einen wesentlichen Anteil an dieser neuen Annäherung. Wie sehen Sie das?
Der jetzige Botschafter Fritz Stift spielt eine sehr hilfreiche Rolle bei dieser neuerlichen Wirtschaftsannäherung und war auch bei den meisten Gesprächen persönlich dabei.
Im Vorfeld Ihrer Reise gab es von einigen Organisationen wie "Stop the Bomb" harsche Kritik an Ihrer Reise...
Denen würde ich einmal empfehlen, dass man abwartet, was in Genf herauskommt. Die "Stop the Bomb"-Geschichte ist meiner Meinung nach zurzeit ohnehin entschärft. Aber abseits von dieser Kritik kann ich Ihnen nur versichern, dass bereits eine ganze Reihe europäischer Delegationen bereits im Iran waren. Auch die Amerikaner verhandeln schon mit den Persern. Vielleicht nicht im Iran selbst, sondern halt eben woanders.
Welche wirtschaftlichen Probleme hat der Iran derzeit?
Man sieht, dass es im Iran wirtschaftliche Probleme gibt. Nehmen wir Teheran als Beispiel: Es sind doch eine Reihe von Neubauten nur halbfertig. Genauso kann das U-Bahn-Netz mangels Geld nicht weitergebaut werden. Aber dennoch möchte ich sagen, dass man den Eindruck hat, dass der verhaltene Optimismus auch in Teheran selbst zu spüren ist.
Ist die neue Regierung unter Präsident Hassan Rohani tatsächlich anders oder hat sich nur der Tonfall geändert?
Ich glaube, man ist seitens der Führung lockerer, freier und prowestlicher. Die iranische Bevölkerung war ja sowieso schon immer prowestlich eingestellt.
Zur Person
Richard Schenzist seit 13 Jahren Vizepräsident der Bundeswirtschaftskammer (WKO) und somit Stellvertreter von WKO-Präsident Christoph Leitl. Zuvor war er bis Ende 2001 Generaldirektor der OMV.