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Rom - Italiens schillerndster Politiker, Lega-Nord-Chef Umberto Bossi, der sich noch vor nicht allzu langer Zeit heftig mit der katholischen Kirche angelegt hatte, machte wieder einmal eine Kehrtwende. Im Wahlkampf für die im kommenden Jahr stattfindenden Parlamentswahlen werde seine Partei mit der Kirche gegen Homosexuelle und Freimaurer antreten, verkündete er zu Beginn der Woche in einem Interview mit der römischen Zeitung "la Repubblica" und sorgte damit wieder einmal für heftige innenpolitische Aufregungen in Italien.
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Bossi kündigte an, in Kürze eine Unterschriftenaktion gegen das europäische Projekt, das Adoptionen für eine homosexuelle Familie anerkennen will, zu starten. Man müsse diese Schmutzfinken - Freimaurer und ihre linken Handlanger - auslöschen, meinte Bossi in dem Interview. Die Freimaurer seien heute die Zentralbanker und die Wirtschaftsführer, die eine einzige Rasse, eine einzige Währung, einen einzigen Uterus, eine einzige Sprache wollen und die die homosexuelle Familie bevorzugen, um zu einer einzigen Rasse zu kommen, meinte Bossi. Auf die Frage, wie er zu seinem alten und nun wieder neuen politischen Partner Silvio Berlusconi stehe, dessen Verbindungen zu der früheren Geheimloge P2 seinerzeit eines seiner Lieblingsthemen gewesen seien, meinte der wendige Bossi, dass Berlusconi kein Freimaurer sei, dass er ja fünf Kinder habe und das sei eine Garantie, dass er nicht von okkulten Weltmächten gesteuert sei.
Bossis Äußerungen würden fürchterlich an die nazistische Diktion erinnern, wenn sie nicht nach Form und Inhalt wie vom Biertisch oder einem Irrenhaus stammend klängen, konterte der Abgeordnete Alessandro Meluzzi, Mitglied der angesehenen Freimaurerloge "Grande Oriente d´ Italia". Franco Grillini, Präsident der Homosexuellenvereinigung Arci Gay bezeichnete die Kampagne der Lega Nord als zynisch und unmoralisch. Radikale und grüne Abgeordnete unterstützten ihn. Bossis Interview sei ein Konzentrat von Vorurteilen und Gewalt gegen Homosexuelle und Freimaurer, sagte der Europaabgeordnete Maurizio Turco von der "Liste Bonino". Der Fraktionschef der Prodi-Partei "Demokraten", Franco Monaco, erinnerte an die seinerzeitigen Attacken Bossis auf den Papst und die Bischöfe und meinte, der Lega-Chef mache sich jetzt zum Apostel der Botschaft der Kirche. Diese Seiltänzerkunst sei die Konsequenz aus einer Bewegung, die als jakobinische geboren wurde und die nun zu einer von Sesselklebern mutiert sei, die sich für ein paar Sitze um ein Linsengericht verkaufe.
Bossis Freimaurerbesessenheit hatte erst vor wenigen Tagen seltsame Blüten getrieben, als er Jörg Haider in einem Interview mit der Turiner Zeitung "La Stampa" vorgeworfen hatte, für Freimaurer und Kommunisten zu arbeiten. "Wie soll man keine Zweifel an einem nationalistischen Führer haben, der in die Wüste zieht, um mit Gaddafi in einem Zelt Couscous zu essen",