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Wirbel um neue "Gewerkschaft"

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Einzelkämpfer bei der Arbeit: Die Zahl der Ein-Personen-Unternehmen wächst.
© Wayhome Studio

Vida-Aktion für Ein-Personen-Unternehmen verärgert die Wirtschaftskammer.


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Wien. Die Dienstleistungs- und Verkehrsgewerkschaft Vida setzt sich wie berichtet nun auch für mehr soziale Absicherung für Ein-Personen-Unternehmen (EPU) ein. Für 25 Euro im Monat bekommen Selbständige "alle Dienstleistungen, die ein Unternehmen vom Start weg braucht", heißt es. Dazu müssen sie dem Verein "Vidaflex" beitreten. Eine neue Gewerkschaft sei das aber nicht, das sei rechtlich gar nicht möglich, sagte Vida-Sprecher Hansjörg Miethling am Freitag auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Funktionäre der Wirtschaftskammer hatten heftige Kritik an der Gründung dieser angeblich neuen Gewerkschaft geübt. Miethling betonte, dass es sich nur um eine neue gewerkschaftliche Initiative für Selbständige handle.

In einer Aussendung vom Donnerstag las sich das noch anders: "vidaflex - Europas erste Gewerkschaft für Einpersonen-Unternehmen (EPUs) ist heute in Österreich gegründet worden." Und: "Oliver Stauber von der Sektion ohne Namen ist erster "Vidaflex"-Vorsitzender", teilte die Sektion mit. Sie war im März 2016 von Rechtsanwalt Stauber und anderen SPÖ-Anhängern gegründet worden.

Auch auf der Vidaflex-Homepage ist von einer Gewerkschaft die Rede. Auf Nachfrage erklärt Stauber, dass es sich rein formal gesehen nicht um eine Gewerkschaft im engeren Sinn handle, weil rein nach Definition Gewerkschaft eine Vereinigung unselbständig Erwerbstätiger ist. "Im ideellen Sinn handeln wir aber natürlich im gewerkschaftlichen Geist. Weil der gewerkschaftliche Geist impliziert den solidarischen Zusammenschluss Schwächerer gegenüber übermächtigen Gegnern." Stauber hält fest, dass man die Initiative als eine Art Gewerkschaft ansehen könne, die sich der wachsenden Zahl der Ein-Personen-Unternehmen annehmen wolle. Laut Vida sind viele von ihnen Scheinselbständige, leben am Existenzminium und haben keine ausreichende Vertretung für ihre Interessen.

"Können diesen Schritt nicht nachvollziehen"

In der Wirtschaftskammer, die gesetzlich legitimierte Interessenvertretung der EPU, ist man jedenfalls über die Aktion verwundert bis verärgert. "Wir können diesen Schritt nicht nachvollziehen", meint etwa Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (Ubit) in der Wirtschaftskammer.

Eine Arbeitnehmergewerkschaft könne nicht gleichzeitig Interessensvertretung für Unternehmer sein, kritisiert er. Er ist auch empört darüber, dass Bundeskanzler Christian Kern bei der Vorstellung der Vida-Initiative dabei war: "Das ist billiger Wahlkampf auf Kosten unserer Mitglieder." Der Fachverband Ubit hat mehr als 66.000 Mitglieder, davon sind 65 Prozent EPU.

Tags zuvor hatte Elisabeth Zehetner-Piewald, EPU-Beauftragte in der Wirtschaftskammer, betont, dass es bereits eine Reihe von speziellen Info- und Serviceleistungen gebe, "die bei den Unternehmerinnen und Unternehmern auch durchwegs gut ankommen." Und auch auf der Ebene der Interessenvertretung sei die WKO erfolgreich für EPU unterwegs. Sie verwies etwa auf Verbesserungen bei der Absicherung im Fall langer Krankheit oder bei der Arbeitslosenversicherung auch für Selbständige.

"EPU sind keine armen Hascherln"

Kärntens Wirtschaftskammer-Vizepräsidentin und EPU-Beauftragte Sylvia Gstättner sieht keine Notwendigkeit für den "Kundenfang" der Vida in Richtung der EPU. "Wir EPU sind zu allergrößten Teilen Selbstständige mit Leib und Seele und mit einem starken unternehmerischen Freiheitdrang - und keine armen Hascherl, denen die Gewerkschaft zur Seite eilen müsste", so Gstättner in einer Aussendung. Die von der Vida "herbeischwadronierte effiziente Interessenvertretung und Servicierung für EPU" gebe es bereits.

Jedoch könnte im Zusammenhang mit der wachsenden Gruppe der Personenbetreuer sozialpartnerschaftlich überlegt werden, ob es sich dabei tatsächlich um selbstständige Unternehmer handle, oder ob deren Interessen nicht vielleicht doch "in einem arbeitnehmerhaften und gewerkschaftlichen Rahmen besser vertreten seien."