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Wird Afghanistan "Obamas Vietnam"?

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Der US-Präsident muss sich in der Afghanistan-Frage entscheiden: Will er kostengünstig vorgehen oder den Konflikt mit einer umfassenderen Strategie zu lösen versuchen?


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Es ist typisch für Afghanistan, dass sich dort nie etwas so entwickelt, wie Beobachter es erwarten. Das hat die Präsidentschaftswahl wieder einmal gezeigt: Statt dass ein klarer Auftrag zur Bildung einer Regierung dabei herausgekommen wäre, gab es Betrugsvorwürfe, politischen Streit und Verzögerungen und noch mehr Schwierigkeiten im Krieg gegen die Taliban.

Die Regierung von US-Präsident Barack Obama sprach bisher vom "guten Krieg" in Afghanistan, im Gegensatz zum "schlechten Krieg" im Irak. Mehr US-Truppen und eine neue Strategie würden in Afghanistan sicher Ergebnisse bringen, meinte man. Aber so einfach scheint das nun doch nicht zu sein.

Der Urlaub ist vorbei, und die Politiker, die sich diese Woche wieder in Washington einfinden, sehen sich mit der kniffligen Afghanistan-Frage konfrontiert. Soll sich Obama für einen Kampf gegen die Aufständischen auf breiter Basis entscheiden? Das würde Schutz für die afghanische Bevölkerung bedeuten, die politische Aussöhnung vorantreiben und langfristige Stabilität bringen. Oder soll er sich für die weniger umfassende und kostengünstigere Vorgehensweise entscheiden, nur Al Kaida mit Hightech-Waffen am Wiederaufbau ihrer Zufluchtsorte zu hindern?

Obama und seine Berater haben sich noch nicht entschieden. Der Afghanistan-Kommandant der USA, General Stanley McChrystal, hat sich bereits für die umfassendere Strategie ausgesprochen - was ziemlich sicher noch mehr US-Truppen im nächsten Jahr bedeuten würde. Doch Vizepräsident Joe Biden und viele Kongressabgeordnete treten für die kleinere Variante ein. Und einige Kritiker warnen, dass dies "Obamas Vietnam" werden könnte.

Auf jeden Fall sollte der US-Präsident, bevor er sich an das große Ziel wagt, Afghanistan langfristig zu stabilisieren, klar darüber werden, ob die USA tatsächlich bessere Erfolgschancen haben als vor ihnen die Briten und die Sowjets. Die Befürworter von McChrystals Plan bestreiten allerdings, dass ein solcher Vergleich zulässig ist. "Niemand hat jemals wirklich versucht, die Aufständischen in Afghanistan zu bekämpfen", sagt dazu ein US-Regierungsbeamter: "Die Briten haben keineswegs versucht, die afghanische Bevölkerung zu beschützen, und die Russen haben das schon gar nicht getan."

Um die Essenz von McChrystals Strategie besser zu erfassen, habe ich mir seine Anweisungen für den Kampf gegen die Aufständischen angesehen. "Der Auftrag ist, die Menschen zu beschützen", liest man da: "Durch Überzeugen der Bevölkerung werden wir die Auseinandersetzung gewinnen - nicht, indem wir den Feind vernichten." McChrystals Strategie trifft auf volle Begeisterung bei einer neuen Generation von Offizieren. Ich habe ihre praktische Anwendung auch in militärischen Außenstellen im Irak und in Afghanistan erlebt, und es ist unmöglich, nicht vom Engagement und Idealismus ihrer Vertreter beeindruckt zu sein. Es gibt allerdings keinen Hinweis, dass sie in einem Land, das so groß und so arm wie Afghanistan ist, auch funktioniert.

Die Entscheidung über das weitere Vorgehen in Afghanistan wird Obama also nicht leicht fallen. McChrystals Vorschlag ist riskant, aber der von Biden und anderen birgt nicht weniger Risiken. Tatsächlich führen die USA bereits einen großangelegten Kampf gegen die Aufständischen in Afghanistan - er hat nur bisher nicht funktioniert.

Sieht ganz so aus, als wäre das eine dieser chaotischen Situationen, in denen es am besten ist, gleichzeitig zu schießen und zu verhandeln, um Freunde gut genug zu schützen und Feinde ausreichend abzuschrecken, um eines Tages doch noch zu einer Einigung zu kommen.

Übersetzung: Redaktion