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Wird EU-Rat seine Lehren ziehen?

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Schwerpunkte beim heute im westschwedischen Göteborg beginnenden EU-Gipfel sind die Erweiterung der Union, die nächsten EU-Reformen, die nachhaltige Strategie in der Umwelt sowie die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Überschattet wird das EU-Ratstreffen freilich von der Ablehnung des Vertrags von Nizza durch Irland. Die Erweiterung der Union soll dadurch aber nicht gebremst werden, haben EU-Repräsentanten mehrfach betont. Die Kandidatenländer sind beim schwedischen Gipfel ebenfalls wieder vertreten.


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Die EU-Chefs sollen nicht länger hinter Absperrungen und verschlossenen Türen verhandeln. Diese Kritik äußerten im Vorfeld des Gipfels demonstrierende Globalisierungsgegner, die sich seit Tagen in Göteborg aufhalten. Der schwedische Geheimdienst gab sich für einen Volleinsatz gerüstet. Inzwischen beginnen die Regierungschefs, Außen- und Finanzminister - nach einem Empfang durch Schwedens König Carl XVI. Gustaf - ihre Beratungen über die Zukunft Europas.

Draußen vor der Tür . . .

In der Defensive befindet sich Irlands Premierminister Bertie Ahern. Er soll seinen Amtskollegen die Ablehnung seiner Landsleute des Nizza-Vertrags erläutern. Aherns Beitrag werde sich in eine Diskussion über die Erweiterung eingliedern, kündigte der schwedische Ministerpräsident und bis Ende des Monats amtierende EU-Ratsvorsitzende, Göran Persson, im Einladungsbrief zum EU-Rat an. Schweden hat sich in Sachen EU-Reform für ein "offenes Forum" mit einer deutlich breiteren Beteiligung als bei früheren Regierungskonferenzen ausgesprochen. In dem Forum sollten - nach dem Vorbild des Konvents zur Ausarbeitung des EU-Grundrechtekatalogs - jedenfalls die Regierungen, Vertreter der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments sowie die Kommission vertreten sein. Ob auch regierungsunabhängige Organisationen eingebunden und wie die Kandidatenländer beteiligt werden können, sei noch offen. Das Forum sollte möglichst bald, vermutlich ab Anfang 2002, über die nächsten EU-Reformschritte zu beraten beginnen, geht es nach Schwedens Vorstellungen. Die endgültige Entscheidung (2004) liege aber bei den Regierungen der Mitgliedsländer.

Prodi für offenen Konvent

Das Schicksal Europas könne und dürfe nicht länger von "gesichtslosen Berater-Ausschüssen" und zwischenstaatlichen Konferenzen hinter verschlossenen Türen beschlossen werden, so eine ungewöhnlich scharf formulierte Forderung von Kommissionspräsident Romano Prodi vor Beginn des Gipfels in Göteborg. Die EU-Mitgliedstaaten müssten ihre Lehren ziehen aus dem irischen Nein zum Nizza-Vertrag. Damit habe Irland klar gemacht: Die bisherige Methode zur Revision von EU-Verträgen "ist nicht länger akzeptabel", so Prodi. Der einzige für die Bürger akzeptable Weg sei ein Konvent aus Regierungsvertretern und nationalen und Europaabgeordneten. Diese Arbeit müsse offen geleistet werden, "bei Tageslicht", so der Kommissionspräsident. Prodi fordert mehr Kompromissbereitschaft bei den Erweiterungsverhandlungen ein.

Konkrete Erwartungen

Konkrete Daten, wann die ersten osteuropäischen Kandidatenländer der Union beitreten könnten, dürften beim EU-Gipfel in Göteborg - entgegen dem erklärten Ziel Schwedens - noch nicht genannt werden. Die große Mehrheit der EU-15 lehnt das ab. Die möglichen neuen Mitgliedsländer erwarten sich vom EU-Rat aber zumindest Klarstellungen hinsichtlich des Abschlusses der Beitrittsverhandlungen. Die Kandidatenländer sollten "bereits als EU-Mitglieder" an den Europa-Wahlen im Juni 2004 teilnehmen, hofft etwa Ungarns Außenminister Janos Martonyi.

Weitere Themen

Neben dem großen Thema Erweiterung der Union stehen in Göteborg außerdem auf der Tagesordnung EU-außenpolitische Fragen wie Nahost und Balkan sowie Umwelt; der EU-Rat wird sich mit der von der Kommission vorgelegten Strategie zur nachhaltigen Entwicklung befassen (die "Wiener Zeitung" berichtete, siehe auch unten stehenden Artikel). Weiters wird eine Entscheidung über die Einrichtung einer Europäischen Lebensmittelbehörde erwartet. Sie soll keine exekutiven Befugnisse erhalten, wie von der Kommission gefordert, sondern - vor dem Hintergrund von BSE, der Maul- und Klauenseuche in Europa sowie des Dioxin-Skandals in Belgien und Frankreich 1999 - die Kommunikation der nationalen Behörden fördern. Offen ist noch der Standort der Behörde.