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Wird gutes Benehmen künftig normiert?

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Verantwortungsvolles Handeln im Vormarsch. | "WZ"-Interview über CSR in Unternehmen. | Österreich steht noch am Beginn.


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"Wiener Zeitung": Wieso engagieren sich Unternehmen ökonomisch, sozial oder ökologisch über den gesetzlichen Rahmen hinaus?Christian Friesl: Das können Gründe in der ethischen Haltung der Führungskräfte sein. Manchmal ist der Anlass auch Unternehmenskritik. Wenn eine NGO beispielsweise ein Unternehmen kritisiert und dieses dann draufkommt, dass es etwas ändern muss. Häufig merken Unternehmen auch, dass sich ein Produkt etwa auch ökologisch ganz gut positionieren lässt.

Und was springt für Unternehmen wirklich heraus?

Das eine sind Auswirkungen auf die Unternehmenskultur und das Unternehmensklima. Wenn CSR gut gemacht wird, wirkt sich das Konzept auf die Mitarbeiterbindung aus.

Zweitens können sich für das Unternehmen finanzielle Wirkungen ergeben. Eine kluge CSR im Personalbereich sorgt dafür, dass weniger Personen das Unternehmen verlassen und Mitarbeiter sich engagieren.

Ein drittes Bündel sind strategische Auswirkungen. Unternehmen sind darauf angewiesen, sich gut voneinander zu unterscheiden und ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Da ist CSR eine Möglichkeit.

Was kann man denn bei CSR falsch machen?

Man kann ungeduldig sein. So ein Modell zu implementieren, geht nicht von heute auf morgen. Es kann ein Fehler sein, CSR anzugehen und zu schnell damit in die Öffentlichkeit zu gehen, wenn es noch Bereiche gibt, in denen die CSR-Konsequenz noch nicht so herzeigbar ist.

Viel falsch machen kann man auch bei den Überlegungen, welche Projekte, welche Aktivitäten und welche Kooperationspartner man sich für CSR aussucht. Als großes internationales Unternehmen würde ich CSR größer angehen. Wenn ich hingegen ein Unternehmer bin, der nicht viele Ressourcen für den Bereich hat, bin ich mit einem kleinen Projekt besser bedient.

Ein dritter Punkt sind die Mitarbeiter. Es wäre ganz schlecht, eine CSR-Strategie zu verkünden, und die Mitarbeiter wissen nichts davon oder noch schlimmer: sie spüren nichts davon.

Gibt es Unternehmen, die CSR nur als PR-Strategie nach außen hin betreiben?

Wir haben natürlich die Diskussion, ob CSR nicht nur ein PR-Konzept ist, so eine Imagesache, bei der sich das Unternehmen ein Mäntelchen umhängt. Aber wenn ein Unternehmen ein Imageproblem hat, wird es vermutlich eine PR-Agentur beauftragen und eine Imagekampagne machen lassen.

Haben es Klein- und Mittelunternehmen (KMU) schwerer, CSR zu betreiben als große Unternehmen?

Die Chancen für KMUs sind gleich wie für große Unternehmen. Viele KMUs leben ein CSR-nahes Verhalten ganz automatisch, nennen es aber in der Regel nicht CSR.

Wir haben unsere Trigos-Teilnehmer untersucht und nach Unternehmensgröße ausgewertet. Wir wollten sehen, was die Unterschiede zwischen den Unternehmensgrößen sind. Bei der Bildung sind große und kleine Unternehmen gleich auf. Aber beispielsweise im Bereich Innovation sind die kleinen sogar aktiver als die großen Unternehmen.

Es ist eine ISO-Norm in Planung, die einen CSR-Leitfaden ausgestalten will. Wie wird sie ausschauen?

Geplant ist ein Standard für CSR, der sich damit befasst, was Organisationen insgesamt für ihre ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung tun können. Die ISO-Norm wird sich auch an öffentliche Institutionen, an NGOs und Gewerkschaften wenden.

Sind nicht gerade Richtlinien und Normen kontraproduktiv? Ein Kernpunkt von CSR ist ja die Freiwilligkeit ...

Diese Gefahr ist gegeben. Wenn der ISO-Standard ein Instrument auf freiwilliger Basis ist und den Zweck hat zu vereinheitlichen, dann ist er gut. Wenn er die Unternehmen, die sich dem Standard nicht unterwerfen, an den Pranger stellt, dann halte ich das nicht für seriös. Wir sind dafür, dass es einen inhaltlichen Standard gibt. Wir sind aber dagegen, dass er zertifizierbar wird. Sonst würde wieder ein Druck für Unternehmen entstehen. Ein Unternehmen, das CSR-Tätigkeiten freiwillig setzt, wird sie einfach besser machen, als wenn es dazu verpflichtet ist. Außerdem ist CSR, die in Gesetze einfließt, keine CSR mehr. Das ist alles eine sehr politische Debatte, weil Arbeitnehmerorganisationen erpicht darauf sind, dass es auch eine Zertifizierungsmöglichkeit gibt.

Wie wichtig ist es, dass der Staat CSR fördert?

Es ist sehr wichtig, dass der Staat von sich aus Unternehmen motiviert. Denn die Hoffnung, dass alles vom Staat geregelt wird, gibt es nicht mehr. Es wäre schön, wenn es die eine oder andere Werbekampagne für CSR gibt, oder wenn man Forschung in dem Bereich unterstützt. Damit würde ich es schon belassen. Ich finde es sehr positiv, dass das Regierungsprogramm CSR erwähnt. Weniger toll finde ich, dass auch versucht wird, einen Kriterienkatalog für CSR einzuführen, um Verbesserungen beim Wettbewerbs- und Kartellrecht anzugehen.

Gibt es in Österreich genug Förderung von CSR durch den Staat?

Derzeit gibt es keine staatlichen Subventionen, wenn ein Unternehmen CSR betreibt. Es muss keinen riesigen Budgetposten für CSR geben. Ich würde mir aber wünschen, dass man die Unternehmen, die sich engagieren, auch lobt.

Sind die Auswirkungen von CSR überhaupt messbar?

Das Messen ist schwierig. Man kann untersuchen, ob sich die Performance von Unternehmen verändert, die sich länger mit dem Thema beschäftigen. Da haben wir den Befund, dass es eine deutlich bessere Performance gegeben hat. In Österreich ist es aber noch zu früh, um die Wirkungen von CSR messen zu können.

Zur Person

Christian Friesl ist seit 2001 Bereichsleiter für Gesellschaftspolitik in der Industriellenvereinigung. Friesl ist Vorstandsmitglied des "Austrian Business Council for Sustainable Development" und der CSR-Plattform "respACT austria".

Corporate Social Responsibility

Corporate Social Responsibility (CSR) steht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln. Dabei engagieren sich Firmen freiwillig und über den gesetzlichen Rahmen hinaus ökonomisch, sozial und ökologisch.

CSR wird zunehmend als Managementkonzept gesehen. Denn die Maßnahmen bringen nicht nur Nutzen für die Gesellschaft, sondern polieren auch das Image des Unternehmens auf. Zur Messung der finanziellen Performance im CSR-Bereich gibt es den Dow Jones Sustainability Index, der Unternehmen nach Nachhaltigkeitskriterien auswählt.

Derzeit ist auf internationaler Ebene die ISO-Norm in Planung, die einen Leitfaden mit CSR-Kriterien entwickeln soll. Ob sie verbindlich sein soll oder nicht, steht noch in den Sternen. In Österreich werden verantwortungsvolle Unternehmen seit 2004 mit dem Trigos Preis ausgezeichnet.