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Ende des Vorjahres blitzten Deutschland und Frankreich ab mit ihrem Vorstoß für ein weltweites Verbot des Klonens von Menschen. Doch dann verkündete die Raelianer-Sekte die Geburt der ersten Klon-Babys. Den Beweis blieben die Anhänger des angeblich einst von Außerirdischen entführten Gurus "Rael" zwar schuldig. Und Experten bezweifeln den Wahrheitsgehalt der spektakulären Behauptung. Doch die Zeit drängt offenbar. Nun wollen Frankreich und die USA zunächst ihr nationales Strafrecht verschärfen. Wie umfassend die Klon-Verbote ausfallen sollen, bleibt heftig umstritten.
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Am deutlichsten steckte US-Präsident George W. Bush seine Gegenposition ab: "Kein menschliches Leben darf als Objekt eines Experimentes beginnen oder enden", forderte das Oberhaupt der Vereinigten Staaten. Die beiden Kammern des Washingtoner Kongresses sollten einen "hohen Standard für die Menschheit" setzen und "sämtliches menschliches Klonen" per Gesetz verbieten. Einen Tag später machten sich die US-Senatoren an die Arbeit - sie nahmen die Beratungen auf über ein seit langem auf Halde liegendes Klon-Gesetz.
Zumindest die entwickelten Staaten rund um den Globus sind sich einig, das "reproduktive Klonen" von Menschen - ein vornehmer Ausdruck für den künstlichen Nachbau eines Menschen aus seinen eigenen Zellen - ächten und streng bestrafen zu wollen. Offen ist aber, wie ein solches Ziel weltweit erreicht werden kann. Auf einer internationalen Konferenz will die deutsche Bundesregierung im Mai in Berlin Möglichkeiten erörtern.
Das Hauptproblem liegt nicht beim "reproduktiven Klonen", sondern beim so genannten therapeutischen Klonen: der Nachzucht von menschlichen Stammzellen aus Embryonen, die allein für die Medizin erzeugt wurden. Millionen von schwer Kranken könnte möglicherweise durch so gewonnene Kopien eigener gesunder Zellen geholfen werden. Die Hoffnung auf den medizinischen Durchbruch beflügelt Forscher und Wissenschafts-Jünger, nicht zuletzt auch Kranke und deren Angehörige.
Doch der feine Unterschied zwischen Reproduktion und Therapie will nicht jedem einleuchten. US-Senator Sam Brownback, wie Bush ein Republikaner aus Texas, sagt, verschiedene Formen von Klons existierten nur aus der Sicht der Unterstützer. "Die Wissenschaft sagt uns, es gibt nur eine Form, und die führt immer, wenn sie gelingt, zur Schaffung eines menschlichen Embryos", glaubt er.
Ähnlicher Ansicht sind auch die meisten Mitglieder des deutschen Bundestags. SPD, Grüne und Union starteten eine Initiative, um reproduktives und therapeutisches Klonen weltweit zu verbieten. Mit den meisten ihrer französischen Parlamentskollegen sind sie darin einig, nicht mit allen. Der Riss geht selbst durch die Pariser Regierung: Für Gesundheitsminister Jean-Francois Mattei ist die Zucht von Stammzellen-Gewebe für einen speziellen Spender "inakzeptabel", Forschungsministerin Claudie Haignere unterstützt das Vorhaben dagegen aus medizinischen Gründen.
Auch der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder will mit Blick auf den medizinischen Fortschritt eine Hintertür für die Klon-Therapie offen halten. Der frühere Pariser Gesundheitsminister und hochangesehene französische Arzt Bernard Kouchner beteuert, an den Verfahren führe mittelfristig kein Weg vorbei. Er will statt "therapeutisches Klonen" lieber von Gewebetherapie sprechen und so die Sprengkraft des Begriffes "Klonen" entschärfen.
Alle, die dagegen Menschen klonen, gehören auch in den Augen Kouchners an den Pranger gestellt - und baldmöglichst ins Gefängnis. Seine neu gegründete Organisation stellte daher in Paris Strafanzeige gegen die Raelianer. Sie wirft der Sekte vor, sich an menschlicher Selektion versuchen zu wollen. Dass dies bereits gelungen ist, wie von der Raelianer-Managerin Brigitte Boisselier behauptet, glaubt Kouchner nicht: "Meiner Meinung nach haben sie das noch nicht geschafft." Falls doch, drohen Boisselier künftig 20 Jahre Haft. Das neue Recht soll für alle Franzosen gelten - auch bei Taten im Ausland. Und als Opfer angesehene mögliche Klon-Kinder sollen noch 30 Jahre nach ihrem 18. Geburtstag vor Gericht gehen können, wenn sie sich in irgendeiner Form geschädigt fühlen.