Wirtschaftskammer-Chef will helfen, Finanzierungsmodell zu legalisieren.
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Wien. Es soll ein langes Gespräch gewesen sein, das der Wirtschaftskammer-Chef, Christoph Leitl, am Donnerstag in Wien mit dem widerspenstigen Schremser Schuhproduzenten Heinrich Staudinger geführt hat. Ob der Waldviertler Unternehmer in seinem Streit mit der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) nun doch einlenkt und sein aus deren Sicht illegales Finanzierungsmodell repariert, steht allerdings noch in den Sternen.
Jedenfalls hat Leitl Staudinger vorgeschlagen, "ein Gespräch mit der FMA einzutakten". Dabei soll darüber geredet werden, wie dessen Finanzierungskonstrukt in unbürokratischer und kostengünstiger Form umgebaut werden kann, damit es den Finanzmarktgesetzen entspricht und von der FMA gebilligt wird. Offenen Gesetzesbruch kann Leitl nicht decken - daher auch sein Vorstoß. Wie der Wirtschaftskammer-Präsident via Aussendung mitteilte, "wird Staudinger in kurzer Zeit entscheiden, ob er diese Gesprächsmöglichkeit wahrnimmt oder den Rechtsweg gegen eventuelle Strafen und Verfügungen der FMA beschreitet".
"Unsere Tür war immer offen"
Ein Gespräch in der Causa würde die FMA begrüßen. Man sei auch in der Vergangenheit gesprächsbereit gewesen. "Unsere Tür war immer offen", betonte der Sprecher der Behörde, Klaus Grubelnik, am Donnerstag.
Viel Zeit zum Nachdenken, welchen Weg er nun gehen soll, bleibt Staudinger jedoch nicht. Denn die FMA feilt bereits an zwei Bescheiden, die nächste Woche oder spätestens Anfang Dezember ausgefertigt wären. Schaltet Staudinger weiterhin auf stur, flattert ihm in Bälde brisante Post ins Haus. Der eine Bescheid würde ihm unter Androhung einer Beugestrafe von zunächst 10.000 Euro untersagen, ohne die erforderliche Lizenz wie eine Bank zu agieren. Und mit dem anderen Bescheid würde ihm eine Verwaltungsstrafe von bis zu 50.000 Euro aufgebrummt.
Staudinger selbst sagte, es sei nicht so, dass er den Dialog mit der FMA verweigern wolle. Trotzdem wolle er sich bis nächste Woche überlegen, ob er das Angebot Leitls, in einem neuerlichen Gespräch mit der Finanzaufsicht zu vermitteln, überhaupt annehmen will. Bisher hatte sich der Chef der GEA-Schuhmanufaktur kämpferisch gezeigt und angekündigt, im Fall von Strafbescheiden vors Höchstgericht zu ziehen, um das bestehende gesetzliche Regelwerk zu Bankgeschäften prüfen zu lassen. Ein weiterer Grund, warum Staudinger noch zuwarten will, ist seine parlamentarische Bürgerinitiative zur Abänderung des Bankwesengesetzes.
"Apfelbäumchen"
Prinzipiell hätte der Waldviertler Rebell - der Banken verabscheut und deshalb bei Privatpersonen zur Finanzierung seines Betriebes über eine Art Sparverein ("Apfelbäumchen") rund drei Millionen Euro eingesammelt hat, für die er Zinsen zahlt - mehrere Optionen, sein alternatives Modell rechtlich zu sanieren. Möglich wäre dies in Form stiller Beteiligungen oder einer Genossenschaft. Auch Anleihen kämen in Frage: Bei weniger als 100.000 Euro Emissionsvolumen und maximal 150 Investoren entfällt die im Regelfall recht teure Prospektpflicht. Übrigens: Dass das so ist, davon hat Staudinger laut eigener Aussage erst am Donnerstag von Leitl erfahren.