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Schade ist, dass die ÖVP nicht über mehr Politiker wie Reinhold Mitterlehner verfügt, die eine glaubwürdige Balance zwischen Regierungsverantwortung und Partei-Loyalität halten können. Mitterlehner als Familienminister spricht: Wir werden neue Formen von Familie nicht forcieren, akzeptieren sie aber als gesellschaftliche Realität. Der Spruch des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zur Adoption von Stiefkindern von gleichgeschlechtlichen Paaren wird denn auch in eine familienpolitische Debatte münden. Auch der aus der ÖVP kommenden Justizministerin ist das klar.
Ganz anders die Finanzministerin, die es im Nationalrat zum Thema Spekulationsverbot schaffte, Salzburg zu erwähnen, Niederösterreich hingegen mit keinem Wort. Da fehlt die notwendige Balance ganz offenkundig. In Salzburg ist der Finanzlandesrat zurückgetreten, und die Affäre ist durch dessen Veröffentlichung auf den Tisch gekommen. Derzeit sind die Spekulationen wenigstens nicht "unter Wasser", wie es so schön heißt.
In Niederösterreich räumte Landeshauptmann Erwin Pröll im Puls4-Interview widerstrebend ein, dass "noch Zeit ist bis 2020, um auf die angestrebte Verzinsung von fünf Prozent zu kommen". (Wenn das gelingt, geht wenigstens kein Kapital verloren, aber dann hat Niederösterreich 20 Jahre lang 8,2 Milliarden Euro ohne Verzinsung herumjongliert.) Hochspekulative Engagements würden behutsam und ohne Zeitdruck zurückgefahren, sagte Pröll. Das ist gescheit und einsichtig.
In der Öffentlichkeit wird dagegen die Mär von 824 Millionen Euro Gewinn aufrechterhalten, der Finanzlandesrat ist nicht zurückgetreten, und Berichte über das Desaster werden als Verrat an Niederösterreich gegeißelt.
Aus diesem Grund ist das neue Spekulationsverbot in dieser Form Placebo für die Öffentlichkeit, aber kein wirksames Mittel. Es ist klar, dass eine härtere Regelung unter anderem Niederösterreich gezwungen hätte, enorme Verluste gleich in Kauf zu nehmen - ohne die Chance der verbleibenden Zeit zu nutzen.
Es wäre ehrlich gewesen, dies laut zu sagen. Doch nein, das wird auf dem Altar des Machterhalts geopfert. Österreich regt sich über Lobbyisten auf, die Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen. Politiker, die ausschließlich auf das Wohl ihrer Partei achten, sind noch schlimmer.