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Wirkungslose Sanktionspolitik

Von WZ-Korrespondent Fabian Kretschmer

Analysen

Nordkorea schlägt wild um sich. Es lässt sich nur mit langem Atem von innen verändern.


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Am Montag werden Südkorea und die USA ihre alljährlichen, gemeinsamen Militärmanöver durchführen. Es sind die größten bisher: Allein Washington wird 15.000 Soldaten mobilisieren, doppelt so viel wie noch in den letzten Jahren. Das habe vor allem den Effekt, dass weiter Öl ins Feuer gegossen werde, sagte jüngst Rüdiger Frank, der wohl renommierteste Nordkorea-Experte im deutschsprachigen Raum.

Derzeit laufen die innerkoreanischen Spannungen aber ohnehin schon auf einen neuen Höhepunkt zu. Als Reaktion auf die neuen UNO-Sanktionen hat Nordkoreas Diktator Kim Jong-un am Freitag angeordnet, das Atomwaffenarsenal des Landes zum sofortigen Einsatz bereit zu machen.

Die Strafmaßnahmen, denen auch Russland und China zugestimmt haben, sind die schärfsten der vergangenen 20 Jahre. Wer jedoch glaubt, dass Kim Jong-un seine nuklearen Ambitionen aufgrund von Sanktionen aufgibt, verkennt, dass der 33-Jährige vor allem durch innenpolitische Legitimationsansprüche angetrieben wird. Genauso unwahrscheinlich ist es, dass Nordkorea durch Sanktionen bis zum Kollaps "ausgehungert" werden kann. Ohnehin wäre das kein wünschenswertes Szenario: Im bestmöglichen Fall hätte Südkorea innerhalb einer Woche zehn Millionen Flüchtlinge im Land. Wesentlich wahrscheinlicher ist, dass auf nordkoreanischem Boden eine Tragödie ausbrechen würde, wie sie derzeit in Syrien zu beobachten ist.

Das Regime sollte mit langem Atem von innen verändert werden, und zwar durch gegenseitigen Austausch. Genau das passiert bereits: Politische Stiftungen aus Deutschland bieten Wirtschaftskurse für nordkoreanische Beamte an, singapurische NGOs unterrichten junge Frauen in Marketing. Die meisten Parteien haben jedoch wenig Interesse, den Status quo zu ändern. Dass die US-Armee angesichts der Bedrohung ein milliardenschweres Raketenabwehrsystem an Japan und Südkorea verkaufen will, birgt einen - gelinde gesagt - Interessenskonflikt. Und auch die südkoreanische Regierung weiß die "Nordkorea-Karte" immer wieder innenpolitisch zu nutzen.