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Die österreichische Wirtschaft ist in besonders hohem Ausmaß von der Neuregelung der Eigenmittelvorschriften für Kreditinstitute, die 2005 in Kraft treten soll (Basel II), betroffen. "Die Eigenkapitalquote in Österreich ist sehr niedrig und die Abhängigkeit von Bankfinanzierungen sehr hoch. Fast die Hälfte der österreichischen Betriebe (45%) hat kein oder negatives Eigenkapital", betonte der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Christoph Leitl, am Donnerstag bei einer Großveranstaltung zu Basel II in der WKÖ.
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Laut Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat Österreich Deutschland und Italien als Verbündete, um Basel II zu entschärfen. Ab 2005 fordern die in Arbeit befindlichen internationalen Eigenkapitalrichtlinien von den Banken, dass sie ausreichend Eigenmittel halten müssen, um die in denen von ihnen vergebenen Kredite enthaltenen Ausfallsrisiken (Wertberichtigungen, Konkurse) abdecken zu können. Kredite an Schuldner mit hoher Bonität müssen mit weniger, solche mit geringer Bonität mit mehr Eigenkapital unterlegt werden, was für schlechtere Schuldner massive Kreditverteuerungen erwarten lässt. Leitl ist insbesondere um die Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) besorgt, von denen in Österreich 65% auf Finanzierungen durch Banken zurückgreifen - der EU-Schnitt liegt bei 46%.
Bei den internationalen Verhandlungen beim Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und bei der Europäischen Kommission seien bereits einige Fortschritte zur Neureglung der Eigenkapitalvorschriften erreicht worden, allerdings müssen noch weitere Schritte folgen, so Bartenstein. Kredite an Unternehmen sollten bis zu einer bestimmten Höhe (derzeit sind 500.000 bis 5 Mill. Euro/6,88 Mill. bis 68,80 Mill. Schilling) betreffend Eigenmittelunterlegungsvorschriften von den Banken gleich behandelt werden wie Privatkredite, mit der Grenze von 5 Mill. Euro.
Auch die WKÖ fordert eine möglichst gleiche Behandlung von KMU- und Privatkundenkrediten sowie eine weitreichende Anerkennung von Sicherheiten und von persönlichen Faktoren, wie z.B. die Berücksichtigung der Unternehmerpersönlichkeit. Gleichzeitig müsse die Finanzierungs- und Eigenkapitalstruktur in Österreich verbessert werden, bemerkte Leitl und stellte entsprechende Forderungen an die Bundesregierung: Steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne, Förderung von Venture-Finanzierungen und Abschaffung der Kreditvertragsgebühr.
Auf jeden Fall sollten sich die österreichischen Banken und Unternehmer rechtzeitig auf die neuen Kreditvergaberegelungen vorbereiten, appellierte die Vize-Gouverneurin der Österreichischen Nationalbank, Gertrude Tumpel-Gugerell.