Krise könnte Bierabsatz in Gastronomie beeinträchtigen. | Kritik an zahnloser Wettbewerbsbehörde und Subventionen für staatsnahe Firmen. | Bessere Lüftungssysteme statt Rauchverboten in Lokalen. |
§§"Wiener Zeitung": Trinken die Österreicher in Zeiten schwacher Wirtschaftsentwicklung mehr oder weniger Bier? | Siegfried Menz: (lacht) * Wenn ich das so genau wüsste. Faktum ist, dass der menschliche Körper immer gleich viel Flüssigkeit braucht. Wie sich das auf Milch, Kaffee, Wasser, Tee, Bier, Schnaps und so weiter aufteilt, ist ein anderes Thema.
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Ich nehme an, es gibt Erfahrungswerte. Man könnte beispielsweise annehmen, dass Bier als relativ preiswertes Getränk in Zeiten von Rezessionen tendenziell den Vorzug gegenüber teureren alkoholischen Getränken erhält.
Grundsätzlich ist es schon richtig, dass Bier ein für fast jeden erschwingliches Produkt ist. Es wird aber vermutlich Verschiebungen im Konsumverhalten geben. Manche werden ihr Bier wahrscheinlich eher zuhause als im Gasthaus trinken.
Wenn das Geld knapper ist, fällt der Unterschied, ob ich um vier Euro ein Krügerl im Wirtshaus trinke oder eine Flasche um 60, 70 Cent im Geschäft kaufe, stärker ins Gewicht. Insgesamt wird es möglicherweise einen leichten Dämpfer geben, aber ich glaube nicht, dass aufgrund der zu erwartenden Krise eine massive Beeinträchtigung des Bierkonsums bevorsteht.
Der Trend zum Bier in den eigenen vier Wänden würde durch verschärfte Rauchverbote in Gastronomie vermutlich noch verstärkt?
Ganz sicher. Man hat das in England, in Irland und auch in Bayern gesehen, wie der Konsum in der Gastronomie zurückgegangen ist. Nur in Italien war der Effekt vielleicht weniger deutlich.
Weil es in Italien wärmer und daher weniger unangenehm ist, wenn man vor dem Lokal auf der Straße stehen muss, um eine Zigarette zu rauchen?
Ich war kürzlich drei Tage in München: Überall stehen die Leute draußen unter solchen Heizstrahlern. Und Leute, die auf der Straße stehen, bestellen während dieser Zeit keine Getränke.
Sie sind kein großer Fan von Nichtraucherbestimmungen in Lokalen?
Ich bin Nichtraucher und ein großer Fan des Schutzes der Gesundheit, aber ich bin ein ebenso großer Verfechter der Freiheit. Daher plädiere ich statt für Rauchverbote zum Beispiel für die Installation besserer Lüftungssysteme.
Auf Ihrem Schreibtisch steht eine Zigarrenkiste. Dient die nur der Dekoration?
Die ist nur Dekoration. Aber ab und zu rauche ich ganz gerne eine Zigarre. Das Problem ist allerdings, dass man in Lokalen praktisch keine Zigarren mehr rauchen darf, und vor dem Lokal geht das nicht. Jemand, der zum Genuss eine Zigarre raucht, kann sich ja nicht eine Stunde auf den Gehsteig stellen.
Ottakringer macht den größeren Teil seines Umsatzes mit dem Lebensmittelhandel.
Das ist richtig. Etwa 70 Prozent entfallen auf den Handel, 30 Prozent auf die Gastronomie.
... und der österreichische Lebensmittelhandel ist von starker Konzentration auf wenige Marktteilnehmer gekennzeichnet. Wie viel Prozent Ihres Handelsumsatzes machen Sie mit Rewe, Spar und Hofer?
Etwa 80 Prozent. Wobei Spar und Hofer, grob gerechnet, gemeinsam etwa so viel Umsatz machen wie Rewe.
Das ist für ein Unternehmen vermutlich nicht einfach, wenn ein so großer Teil des Umsatzes von bloß drei Kunden abhängt. Die eigene Verhandlungsposition ist da eher schwierig. Wie geht man damit um?
Die Alternativen sind beschränkt. Noch vor zehn oder 15 Jahren hatten wir mindestens zehn größere Handelskunden; mittlerweile hat sich der Wettbewerb sehr stark reduziert. Das trifft nationale oder regionale Unternehmen natürlich wesentlich stärker als multinationale Konzerne.
Für Coca-Cola ist es weniger tragisch, dass es in Österreich nur drei große Handelsketten gibt, die sich den Markt aufteilen, als für ein österreichisches Unternehmen?
Genauso ist es. Coca-Cola macht in Österreich wahrscheinlich 0,1 Prozent des weltweiten Umsatzes, bei Ottakringer sind es 95 Prozent. Der Verlust eines großen Kunden hätte bei mir ganz andere Auswirkungen als bei Coca-Cola. Wenn wir morgen Rewe oder Spar als Kunden verlieren, hätten wir ein riesiges Problem. Für uns wäre das ein existenzielles Thema und nicht bloß ein vorübergehender Umsatzverlust.
Das Gesagte könnte man als vehemente Kritik an der österreichischen Wirtschaftspolitik und Kartellgesetzgebung interpretieren.
Das ist auch so gemeint. Denn bei solchen Marktkonzentrationen tut sich auch jeder andere nationale Lieferant schwer. Wie effizient die Wettbewerbsbehörde agiert und welche Mechanismen gesetzt werden, sind ganz wesentliche Themen.
Und auch andere Dinge sind mir völlig unverständlich: Mit welcher Berechtigung werden jetzt staatsnahe Unternehmen subventioniert? Ich bin wirklich gespannt, wie man das einem Gewerbetreibenden erklärt, dass man dort jetzt hunderte Millionen Euro hineinsteckt.
20 oder 30 Millionen Euro würden Sie aber wohl auch nehmen, wenn man Sie ihnen aufdrängte?
Wir brauchen zum Glück keine Subventionen, aber es geht um die Gleichbehandlung. Denn die Frage ist schon, was diesbezüglich der grundsätzliche Unterschied zwischen einer Fluglinie und einer Brauerei ist.
Der grundsätzliche Unterschied ist, dass Ottakringer Gewinn macht, während die AUA einen patzigen Verlust schreibt.
Aber angenommen, wir würden auch Verlust machen, dann würde die Politik sagen: Blöd gelaufen, selber schuld, sperrt´s zu.
Ein Wirtschaftstreibender hat dieser Tage scherzhaft gemeint: Gründen wir doch einfach eine Bank, dann kriegen wir Geld vom Staat.
Auch in der Bankenpolitik und -aufsicht hat der Staat versagt. Aber in der Wettbewerbspolitik noch mehr. Im Jahr 2002, als die Herren in Linz verkauft haben.. .
Sie meinen den Verkauf der Brau Union, zu der unter anderem die Marken Gösser, Puntigamer, Reininghaus und Schwechater gehören, an den niederländischen Heineken-Konzern?
Richtig. Die haben einen Marktanteil, wo man sich schon fragen muss, wie es möglich war, dass das alles ohne Einschränkungen zusammengekauft werden konnte. Wo ist da die Grenze? Wann funktioniert ein Markt noch, und wann funktioniert er nicht mehr? Wie schaut die Struktur eines Marktes aus, damit er in der Lage ist, sich selbst zu korrigieren oder zu regenerieren?
Ein übergroßer internationaler Mitbewerber hat dann natürlich auch beim Einkauf oder bei der Absicherung von Währungsschwankungen ganz andere Instrumente zur Verfügung als ein mittelständisches Unternehmen. Das ist relativ husch-pfusch über die Bühne gegangen, und die Wettbewerbsbehörde hat sich nicht wesentlich geäußert.
Sie fühlen sich dadurch benachteiligt?
Wirtschaft macht dann Spaß, wenn der Wettbewerb funktioniert, und wenn der Wettbewerb nicht mehr funktioniert, macht es keinen Spaß mehr. Dass wir ein bisschen mehr arbeiten müssen, ein bisschen mehr Einsatz bringen müssen, etwas mehr Risiko eingehen müssen, das ist gut und grundsätzlich auch kein Problem. Aber es darf nicht so sein, dass Größe der allein entscheidende Wettbewerbsfaktor wird.
Es ist wohl keine einfache Managementaufgabe, ein mehrheitlich in Familieneigentum stehendes Unternehmen zu führen, das einer oligopolistischen Abnehmerstruktur gegenüber steht und Mitbewerber eines multinationalen Konzerns ist.. .
Es gibt nichts Schwierigeres.
. . . und zusätzlich in einer Branche tätig ist, die nur beschränktes Wachstumspotenzial hat, weil der Bierkonsum nicht wirklich zunimmt.
Das ist die Herausforderung. Unser Wachstum kommt zum Teil natürlich aus dem Tourismus, denn bei der eigenen Bevölkerung nimmt der Konsum kaum zu. Die Anteile derjenigen an der Gesamtbevölkerung, die kein Bier trinken, werden eher größer als weniger.
Da Bier eher von jüngeren Menschen konsumiert wird, ist der demografische Trend einer stetig älter werdenden Gesellschaft auch nicht unbedingt hilfreich. Unsere Zielgruppen sind junge Erwachsene, sowohl urbane als auch am Land, und der Fremdenverkehr.
Die meisten Biermarken betonen in Ihrer Werbung ländliche Themen. Ottakringer kann das als Brauerei, die mitten 16. Wiener Gemeindebezirk beheimatet ist, schon wegen des Namens nicht.
Man versucht, das zu vermitteln, was man verkörpert - und bei uns sind das die Regionalität, auch Familie, auch Österreich, Emotion und Urbanität.
Wir setzen stark auf das Thema Wien, das ist unsere Heimat. Und wir versuchen, innovativ zu sein. Aber das hat natürlich seine Grenzen. Wenn mir zwei der drei großen Handelsketten sagen, sie wollen ein neues Produkt nicht, dann kann ich es vergessen, auch wenn ich überzeugt bin, dass es toll ankommen würde. Und mit unserer überschaubaren Größe können wir uns nicht viele Flops leisten.
Zur PersonSiegfried Menz wurde am 20. Oktober 1952 in Dornbirn geboren und studierte nach der Matura Betriebswirtschaftslehre an der Wiener WU. Nach Abschluss des Studiums 1979 war Menz kurz für einen Wirtschaftstreuhänder in Vorarlberg tätig, wechselte aber schon bald als Key-Account-Manager zur damaligen Ersten österreichischen Spar-Casse nach Wien.
Ab 1984 arbeitete er für die Ottakringer AG, wo er anfangs mit dem Aufbau einer Controllingabteilung, dann mit der Vorbereitung des Börsegangs sowie mit dem Kauf und der Sanierung der Brauerei Kapsreiter betraut war. 1989 übernahm Menz die Gesamtverantwortung für den kaufmännischen Bereich der Ottakringer AG, seit 1995 fungiert er als Vorstand und hält eine nennenswerte Beteiligung am Unternehmen. Seit dem Jahr 2000 ist Menz Vorstandsvorsitzender.