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Dass es für die SPÖ bei der kommenden Wahl knapp wird, war von Beginn an klar. Geht es nach den Chefs der heimischen Wirtschaft, ist das Rennen gelaufen. In Alpbach versammelt sich beim Europäischen Forum die Elite aus ökonomischer Praxis und Forschung. Einhelliger Tenor: Schade um Christian Kern, aber Sebastian Kurz wird die Wahl gewinnen. Bei ÖVP-nahen Managern werden schon Ministerlisten gemutmaßt, Ex-Rechnungshofpräsident Josef Moser werde wohl Finanzminister, wird gemunkelt.
Ebenso einhelliger Tenor: In Österreich werde sich nach dem 15. Oktober vieles ändern, recht weit oben auf dieser Liste stehen die Sozialpartner. Und das mit gutem Grund. Bundespräsident Alexander Van der Bellen meinte ja in seiner Alpbach-Eröffnungsrede sinngemäß, alle wollten Reformen, aber es dürfe sich halt nichts ändern.
Reformwillen zu demonstrieren, ohne dass sich viel ändert - das ergibt schnell eine Kammer-Reform. Die Wirtschaftskammer (WKO), die mit fast 900 Millionen Euro jährlichen Beiträgen mehr als doppelt so viel einnimmt wie die Arbeiterkammer (AK), dürfte es dabei am härtesten treffen. Sowohl Kern als auch Kurz würden das nach einem Wahlsieg rasch angehen.
Vor allem Kurz, denn ein Kanzler, der mit der FPÖ koalieren würde, bräuchte rasch einen Reformerfolg. Die Kammern sind dafür wie geschaffen. Deren finanzielle Kürzung würde nicht direkt ins Leben der Bürger eingreifen wie eine Steuer- oder Gesundheitsreform. Gleichzeitig würde die kommende Regierungskoalition damit jene Veränderung signalisieren, die so viele fordern. Dabei besteht eine Gefahr: Speed kills. Bloß zu kürzen um der Kürzung willen könnte sich als Bumerang erweisen. Die AK ist - stärker noch als die WKO - in den vergangenen Jahren in den Servicebereich gegangen. Diese Serviceleistungen wegzureformieren, käme wohl nicht gut an, etwa im Bereich der juristischen Hilfe bei Arbeitsrechtsstreitigkeiten.
Es ist also durchaus denkbar, dass ein Wahlsieger Kurz die eigene Klientel stärker an die Kandare nähme als die von sozialdemokratischen Gewerkschaftern dominierte AK. Damit würde er sich mit dem Wirtschaftsbund anlegen. Das wiederum wäre wohl nur möglich, wenn die Wirtschaftstreibenden in ihrer Einschätzung richtig liegen, dass er einen Erfolg für die ÖVP einfahren wird. Erst wenn er tatsächlich im Kanzleramt sitzt, hat er jene Macht, um die Bünde übergehen zu können.