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Wirtschaft sieht Bedrohung zarter Konjunkturblüten durch Polit-Frost

Von WZ-Korrespondentin Eva Glauber

Europaarchiv

Rückgang der Zahl der Arbeitslosen. | Berlin. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Oktober um 94.000 auf 4,556 Millionen zurückgegangen. Der Rückgng ist damit stärker ausgefallen als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, der eindeutig positive Tendenzen sieht, machte allerdings auch darauf aufmerksam, dass geförderte Arbeitsgelegenheiten wie Zusatzjobs bei der Beschäftigungszunahme eine Rolle gespielt haben.


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Doch die Berliner Politquerelen könnten die Wirtschaft wieder ins Schleudern bringen, befürchtet man in Wirtschaftskreisen.

Es hätte ein Tag der guten Nachrichten sein können. Nach den Exporterfolgen der vergangenen Wochen kommt in Deutschland nach Erkenntnissen der Wirtschaftsforscher von der britischen Forschungsgruppe NTC auch die Nachfrage der inländischen Konsumenten wieder in Schwung. Zum ersten Mal seit September 2004 stellten die deutschen Unternehmen per Saldo 2004 wieder neues Personal ein, resümierte NTC die Ergbnisse einer Umfrage unter deutschen Einkaufsmanagern.

Doch die Nachrichten aus Berlin versetzten die Wirtschaftsverbände beinahe in Schreckensstarre. Wer sich zum angekündigten Rücktritt von SPD-Chef Franz Müntefering und dem Rückzug von CSU-Chef Stoiber nach München äusserte, sprach von blankem Entsetzten über das Verwirrspiel in beiden Volksparteien.

"Die grosse Koalition rückt in weite Ferne", prophezeite Patrick Adenauer, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) und Enkel des ersten westdeutschen Kanzlers Konrad Adenauer. Adenauer warnte vor den Folgen: "Das alles führt zu extremer Unsicherheit, ist Gift für die Arbeitsplätze und belastet Wirtschaft und Unternehmen, die auf Planbarkeit und Stetigkeit der Politik angewiesen sind."

Verständnis für "Münte"

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Ludolf von Wartenberg, nannte Münteferings Rückzug verständlich. "Wenn Müntefering vom SPD-Parteivorstand keine Mehrheit für seinen Kandidaten bekommt, muss man sich ernsthaft fragen, ob er für die Koalitionsgespräche überhaupt noch das Verhandlungsmandat seiner Partei hat", sagte der Wirtschaftsfunktionär der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Schliesslich muss das Ergebnis dieser Verhandlungen von der Partei abgesegnet werden, bevor es durch die Fraktion mit Leben erfüllt wird."

Müntefering stehe als IG-Metall-Mitglied zudem für eine enge Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, hiess es aus Richtung Deutschem Gewerkschaftsbund. Allerdings ist das Flügelschlagen in der SPD auch bei den Einzelgewerkschaften zu verspüren. Es wird darauf verwiesen, dass Andrea Nahles, deren Kandidatur als SPD-Geschäftsführerin den Müntefering-Rücktritt auslöste, von 2002 bis 2003 im IG-Metall-Verbindungsbüro Berlin beschäftigt war. IG-Metallchef Jürgen Peters hatte sich jüngst für eine Mehrheit links von der Mitte stark gemacht, was den Einbezug der Linkspartei bedeuten würde.