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Nicht als Druck auf die Regierung, sondern als Initiative will Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl das mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Fritz Neugebauer, nun gestartete Pilotprojekt zwischen Wirtschaft und Behörde verstanden wissen. Ziel ist die Verkürzung von Genehmigungsverfahren um bis zu 30 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Im Zuge der Bundesstaatsreform, in deren Zentrum die Verwaltungsreform steht, fordert Leitl Antwort seitens der Regierung auf vier "Ws": "Wer macht was bis wann und wie viel bringt es?"
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"Die Wirtschaft hat manchmal das Image, Beamtenfresser zu sein. Das sind wir nicht", stellte sich Leitl an die Seite des obersten Beamtengewerkschafters Neugebauer. In einer gemeinsamen Pressekonferenz präsentierten die beiden ihr Projekt "Standortpartnerschaft Wirtschaft - öffentlicher Dienst", das Vorgaben im Zuge der Verwaltungsreform bringen soll. Die Wirtschaft sei interessiert an einer modernen Verwaltung, betonte Leitl.
Neugebauer kritisierte, dass seitens der Regierung laufend neue Zahlen zum Abbau der Beamten genannt wurden: "Zuerst waren es 7.000, dann 9.000, dann 11.000, zuletzt 15.000 Planstellen des Bundes, die bis 2003 abgebaut werden sollen. Das ist eine Rechnung Daumen mal Pi". Eingemahnt wird sowohl von Leitl als auch von Neugebauer eine klare Definition der zukünftigen Aufgaben des Staates, somit der Verwaltung. Leitl richtete an die Regierung die Forderung, einen Reformdialog mit allen politischen Kräften und der Sozialpartnerschaft zu beginnen: "Wir warten nun, ob die Regierung die Initiative übernimmt, falls nicht, werden wir das tun", bekräftigte der WKÖ-Präsident.
Bei dem Pilotprojekt "Wirtschaft und Behörde als Partner im Bezirk" werde eine Konzentration der Verfahrensabläufe auf eine Stelle angestrebt, erklärte Neugebauer. Für ihn wäre es nur logisch, dass diese Stelle die Bezirkshauptmannschaften seien. Ziel sei höhere Kundenzufriedenheit, ein Ansprechpartner und ein Verfahren. Das werde in diesem Projekt nun einmal vorgeführt, das mit der für die Verwaltung zuständigen Vizekanzlerin Susanne Riesss-Passer zwar nicht abgesprochen ist, dafür aber mit den Landeshauptleuten Josef Pühringer und Erwin Pröll, sagte Leitl.
In zwei Bezirken, nämlich Perg in Oberösterreich und Wien Umgebung in Niederösterreich, werden Beamte und Wirtschaftstreibende nun überlegen, wie sich Verfahrensvereinfachungen etwa bei Gewerbeanmeldungen und Betriebstanlagengenehmigungen durchführen lassen. Mit einem Bericht Mitte März wird die Projektphase eins abgeschlossen. In der zweiten Phase wird der "Zielkatalog" erstellt: Nach einer politischen und verfassungsrechtlichen Bewertung der Vorschläge soll dieser im Juni der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Umgesetzt müssten diese Vorschläge aber entweder von den Ministern auf Verordnungsweg oder durch Gesetzesbeschlüsse werden. Ob das geschieht, liegt dann nicht mehr in der Partnerschaft Wirtschaft/GÖD, sondern bei der Regierung. Neugebauer setzt aber "auf die normative Kraft des Faktischen".
Was eine Verwaltungsreform bundesweit bringen würde? Leitl verwies in diesem Punkt auf die Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer und Helmut Kramer, die 40 bis 50 Mrd. Schilling genannt haben. Das sei auch für ihn realistisch.