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Wirtschaft wächst auf breiter Basis

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Klein- und Großbetriebe investieren gleichermaßen. Gefahr droht aus Deutschland.


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Wien. Nach der Bilanzsumme ist die Oberbank die siebtgrößte Bank Österreichs, mit einer Bilanzsumme von 20 Milliarden Euro. Bei der Vergabe von ERP-Krediten, das sind geförderte Investitionskredite und ein ganz guter Indikator für die Stimmung in der mittelständischen Wirtschaft, ist das Finanzinstitut Marktführer in Österreich. "Da waren wir im ersten Quartal 2017 die Nummer 1 in Österreich", sagte Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger der "Wiener Zeitung". Die Bank, mit Sitz in Linz, liegt damit noch vor den Marktgrößen Erste/Sparkassen, Bank Austria und Raiffeisen, die vom Volumen bis zu zehnmal so groß sind.

Gasselsberger stellt aber auch eine seit Jahren vermisste Entwicklung wieder fest. "40 Prozent unseres Kreditwachstums spielt sich im Bereich bis drei Millionen Euro aus, jeweils 30 Prozent bis zehn Millionen Euro und darüber." Sein Fazit: In der heimischen Wirtschaft ist die Investitionslust in der gesamten Breite wieder da. "Die aktuellen Verwerfungen in der heimischen Politik (die vorgezogene Neuwahl, Anm.) spielen kaum eine Rolle, es hat sich eine positive Grundstimmung durchgesetzt", sagte Gasselsberger.

Der Oberbank-Chef erklärt sich das mit einem "re-bound" der europäischen Wirtschaft und der Konsumenten. "Bisher waren die USA ein Vorbild. Nun suchen die Menschen Stabilität, und Europa kann das bieten." Die Oberbank, eingebettet in die sogenannte Drei-Banken-Gruppe, zu der regional aufgeteilt die BKS (Kärnten, Steiermark) und die BTV (Tirol, Vorarlberg) gehören, richtet ihren Blick dabei eher nach Westen.

In Süddeutschland hat die Oberbank mittlerweile 30 Filialen, in Wien 26, wohl eine Folge des oberösterreichischen und Salzburger Heimatmarktes. "Das Wachstum dort ist großartig, der Blick Österreichs dorthin ist zu unscharf. München wächst bei den Einwohnern so stark wie Wien."

Digitalisierung stellt Firmen vor Existenzfragen

Gasselsberger vermisst in Österreich allerdings eine stärkere wirtschaftspolitische Ausrichtung. "Die Digitalisierung der Wirtschaft stellt uns alle vor große Herausforderungen. Wir haben im Bildungssystem insgesamt zuwenige Absolventen in den sogenannten Mint-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik)." Die Digitalisierung stellt allerdings die bestehenden industriellen Modelle in Frage. "Wir haben bei Nokia und Kodak gesehen, wie schnell es zur abrupten Unterbrechung von gut laufenden Unternehmen kommen kann. Als Bank müssten wir mittlerweile die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle unserer Kunden prüfen", sagte Gasselsberger.

Er überlegt derzeit, "digitale Botschafter" in der Bank zu installieren, die Firmenkunden bei den Umwälzungen behilflich sind. Nicht uneigennützig, Banken wollen Kreditausfälle vermeiden, das gehört zu ihrem Geschäftsmodell. Die Oberbank, die auch an den heimischen Industrie-Flaggschiffen Voestalpine, Lenzing und AMAG (Ranshofen) beteiligt ist, wünscht sich auch den stärkeren Ausbau von geförderten Krediten der staatlichen Förderbank "aws" in Richtung Cyber-Sicherheit. Hier könnte Österreich tatsächlich eine Vorreiterrolle einnehmen, meinen auch Wirtschaftsexperten. Denn die heimische Industrie ist in vielen Bereichen ein - allerdings unverzichtbarer - Lieferant von deutschen Fertigungsbetrieben. Und die setzen nach wie vor - wie der jüngste OECD-Bericht bestätigte - im Gegensatz zu Österreich auf Export.

Die wirtschaftspolitische Denkfabrik der größten Industrienationen OECD mit Sitz in Paris warnte daher Deutschland, andere ökonomische Schwerpunkte zu setzen. Der Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands erreichte 253 Milliarden Euro - ein Ungleichgewicht, vor dem linke wie konservative Ökonomen mittlerweile warnen.

Deutsche Löhne solltenstärker steigen

Gleichzeitig ist die Investitionslust deutscher Unternehmen - trotz steigender Zahlen - immer noch verhalten. Die Dividendenzahlungen dagegen erreichen Rekordwerte. Gleichzeitig - so die OECD - steigen die Löhne in Deutschland nicht schnell genug. Das wirkt wie eine Bremse bei den Konsumausgaben.

Während also Deutschlands Industrie - Trump hin oder her - weiterhin mit Vollgas exportiert, steigen die Importe nicht in dem Maß, wie sie könnten. Und da die EU-Länder die mit Abstand wichtigsten Abnehmerländer deutscher Waren (Autos, Maschinen) sind, erhöht sich das Ungleichgewicht innerhalb Europas.

Genau davor warnt die OECD, aber auch der Internationale Währungsfonds und Wirtschafts-Nobelpreisträger wie Joseph Stiglitz sowie der konservative Ökonom Kenneth Rogoff.

Während in Österreich sowohl die öffentliche Hand als auch der private Sektor investieren wie seit Jahren nicht, stecken in Deutschland viele Projekte fest. Ausgerechnet die Infrastruktur in Deutschland ist alles andere als ein Modell für Europa. Schulen, Brücken, Autobahnen, Breitbandausbau - überall hinkt Deutschland nach. Allein der Investitionsstau in den deutschen Kommunen beträgt 136 Milliarden Euro, rechnete die dortige Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vor.

Und so liegt das aktuelle Wirtschaftswachstum zwar wieder bei passablen Werten, aber in Wahrheit könnte es - auch zum Wohl von Unternehmen aus anderen europäischen Ländern - noch besser sein.

Viele Wirtschaftsforscher verlangen daher, dass sich Deutschland stärker verschulden solle. Davon will Finanzminister Wolfgang Schäuble aber nichts wissen. Auch für heuer wird Deutschland wieder einen Budgetüberschuss aufweisen. Auch Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron hat Deutschland aufgefordert, seine Wirtschaftspolitik zu ändern. Bis zur deutschen Wahl am 24. September wird dies in Berlin ignoriert werden.