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Auch wenn ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung anhaltend skeptisch gegenüber der Europäischen Union ist - nach zehn Jahren EU-Mitgliedschaft des Landes kann die österreichische Wirtschaft eine "Erfolgsbilanz" ziehen. Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer eines Symposiums in der Industriellenvereinigung in Wien.
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Franz Fischler hat keine Zweifel. "Der EU-Beitritt hat Österreich reicher gemacht", erklärte der ehemalige EU-Landwirtschaftskommissar beim Symposium "10 Jahre EU-Mitgliedschaft - Erfolgsbilanz für die österreichische Wirtschaft". Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei das Land der sechst reichste Staat. Ohne EU-Beitritt wäre das BIP um sechs Milliarden Euro - 740 Euro pro Kopf - geringer ausgefallen.
Dennoch seien auch die Probleme zu "erkennen und anzupacken", forderte Fischler. So seien nachhaltiges Wachstum sowie Verbesserungen im Bereich Forschung und Entwicklung wichtig.
Gesteigerte Exporte
Auf Zahlen verwies auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, etwa bei der Steigerung der Ausfuhren und Auslandsinvestitionen. Lag der Anteil der österreichischen Exporte 1994 noch bei 22,5 Prozent des BIP, waren es 2003 bereits 35,2 Prozent. Das Handelsbilanzdefizit konnte zu einem Überschuss gewandelt werden. Auch die Volumina der Auslandsinvestitionen stiegen. Im Jahr 2003 lag der Bestand an Direktinvestitionen knapp über der 20 Prozent-Marke.
Anklopfen bei Nationalbank
Etwas vorsichtiger bei der positiven Bewertung zeigte sich ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch. Zwar sei stets vom "Wachstum seit dem EU-Beitritt" die Rede, doch nicht alle könnten daran teilhaben. "Es gibt genug Menschen, die gerne bei der Nationalbank anklopfen würden, um sich ihren Anteil am BIP abzuholen", meinte Verzetnitsch.
Als eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre für die EU bezeichnete der ÖGB-Präsident die Finanzierbarkeit: "Wir müssen uns fragen 'Wie finanzieren wir Europa' und nicht 'Wie sparen wir in Europa'." Mehr Wachstum und Beschäftigung seien notwendig.
Unzufriedenheit hält an
Anders als Politiker ziehen viele Österreicherinnen und Österreicher keineswegs eine "Erfolgsbilanz". So ergaben im Vorjahr Studien an den Universitäten Wien und Graz, dass ein Großteil der Bevölkerung überzeugt davon ist, in zehn Jahren EU-Mitgliedschaft hätte sich fast alles verschlechtert. Und auch eine Untersuchung der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik zeigt die anhaltende Skepsis. Während 32 Prozent der Befragten angaben, "zufrieden/sehr zufrieden" mit der Union zu sein, ist der Prozentsatz der "Unzufriedenen oder sehr Unzufriedenen" gleich hoch. Dieses Verhältnis ist seit Jahren konstant.