Nach dem Test einer Wasserstoffbombe schwelgt Kim Jong-un im Stolz auf seine "unbezwingbare Stärkung".
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Nordkoreas Wasserstoffbombentest, der sechste Atomtest seit 2006, ist ein Muster an psychologischer Kriegsführung. Diese letzte in einer Serie von Provokationen löste global geharnischte Protesten aus, verletzt aber nicht die Souveränität eines Staates und rechtfertigt noch keine militärische Reaktion. US-Präsident Donald Trump nannte Nordkorea "Schurkenstaat und Bedrohung". Verteidigungsminister James Mattis kündigte eine "massive militärische Reaktion" an, falls Nordkorea die USA, Japan oder Südkorea bedrohe. Hingegen äußerte Diktator Kim Jong-un seinen "Stolz auf die unbezwingbare Stärkung" seines Landes.
Kim mutet seinem Volk die schwerwiegenden Folgen von Handelsblockaden zu, mit denen die UNO den Stopp des Nuklear- und Raketenprogramms erzwingen will. Nordkoreas Atomwaffen erreichen Südkorea, Japan und Guam, den wichtigsten Stützpunkt der USA im westlichen Pazifik. Eine Interkontinentalrakete kann Alaska erreichen, aber noch keinen atomaren Sprengkopf transportieren. Die USA schützen Japan und Südkorea und haben in diesem Raum eine massive Militärmacht. Kim provoziert unterhalb der Reizschwelle: Wie reagieren die USA auf weitere Raketen- und Atomtests? Wie weit kann die kleine Atommacht Nordkorea das Risiko treiben, um auf Augenhöhe mit den USA zu kommen?
Kim leitet offenbar der arrogante Satz des römischen Kaisers Caligula: "Sie mögen mich hassen, wenn sie mich nur fürchten." Mit seiner aggressiven Politik irritiert er auch China massiv, mit dem Nordkorea 85 Prozent seines Außenhandels abwickelt. China wünscht Ruhe in seinem Hinterhof und beteiligt sich deshalb auch an den würgenden UN-Wirtschaftssanktionen. Nordkorea hat zwar Atomwaffen, ist aber ein Zwerg, mit einem BIP von 14 Milliarden Dollar, wovon knapp ein Drittel das Militär verbraucht. Die USA stecken "nur" 3,3 Prozent des BIP in die Landesverteidigung. Das sind allerdings 611 Milliarden Dollar.
Die koreanische Halbinsel leidet unter einer historischen Hypothek. 1950 überfiel Nordkorea den Süden, den die USA vor einer Niederlage bewahrten. 1953 einigten sich die Kriegsgegner nur auf einen Waffenstillstand, nicht auf einen Friedensvertrag. Daran scheiterten Ansätze zur Wiedervereinigung und auch Friedensverhandlungen. Gleichwohl erstrebt Nordkorea Verhandlungen mit den USA, um seinen internationalen Status nachhaltig aufzubessern. Als Bedingung dafür verlangen die USA - wie auch China und die UNO - von Nordkorea vergeblich die Einstellung des Raketen- und Atomprogramms. China und Nordkorea wiederum fordern das Ende gemeinsamer Manöver Südkoreas und der USA, die freilich die Folge von Kims aggressiver Außenpolitik sind.
Nach Kims Raketentests in die Gewässer vor Guam erklärte Trump, Gespräche mit Nordkorea seien "nicht an der Zeit". Außenminister Rex Tillerson bekundete hingegen Interesse am Dialog, doch es liege an Nordkorea. Kim wiederum beendete nach Trumps Drohungen die Raketentests in Richtung Guam und zog sich auf die "Beobachtung" der US-Reaktionen zurück. Einen möglichen nuklearen Schlag würde Nordkorea eher nicht überleben. Das weiß auch Kim, der einen Kompromiss wohl dem Untergang vorzieht.