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Wirtschaftskrise lässt den Faden reißen, aber Optimismus für 2010

Von Eva Stanzl

Wirtschaft

Bestellungen aus der Autoindustrie lassen drastisch nach. | 90 Prozent der Hersteller erwarten baldigen Aufschwung. | Wien. F.M. Hämmerle, Ergee oder Licona: Nachdem die Wirtschaftskrise etablierte heimische Textilhersteller in die Insolvenz gezwungen hat, trifft sie nun die gesamte Branche. Im ersten Halbjahr ist der Umsatz der Textilindustrie im Vergleich zum ersten Halbjahr 2008 um 27 Prozent auf 1,020 Mrd. Euro geschrumpft. Das gab Reinhard Backhausen, Präsident des Fachverbandes der Textilindustrie, am Montag vor Journalisten bekannt.


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Die Zahl der Beschäftigten verringerte sich um 13 Prozent auf 12.200 Personen. Derzeit werden Fachkräfte mit Kurzarbeit in den Betrieben gehalten.

Trotzdem geben sich die Textiler optimistisch. 90 Prozent der derzeit 137 Verbandsmitglieder erwarten für 2010 eine "deutliche Konjunkturbelebung". "Vereinzelt sind gesteigerte Auftragsvolumina zu verzeichnen", betont Backhausen gegenüber der "Wiener Zeitung". Breit aufgestellte Konzerne wie die Lenzing AG seien bereits wieder optimistisch, für so manche Stickerei-Betriebe sei das Umfeld hingegen hart. Er erwartet ein "schwieriges zweites Halbjahr" und eine Erholung ab Mitte 2010.

Investitionsrückgänge

Bei Investitionen bremsen die Betriebe: Den Prognosen zufolge wird die Textilbranche heuer 33 Mio. Euro investieren - um 22 Prozent weniger als 2008.

80 Prozent der hierzulande produzierten Textilien werden exportiert. Wichtigster Markt ist mit 77 Prozent die EU, hier vor allem Deutschland. Der Einbruch der Exporte fällt daher besonders ins Gewicht: In den ersten sechs Monaten sanken die Ausfuhren um 20 Prozent auf 937 Mio. Euro.

Zuwächse innerhalb Europas gab es lediglich bei Exporten in die Slowakei (plus 38 Prozent) durch langfristige Bestellungen von synthetischen Stoffen und gestrickter Meterware.

Außerhalb Europas gab es Zuwächse bei den Ausfuhren nach Indien (plus 31 Prozent), Brasilien (17 Prozent) und Mali (68 Prozent). Massiv geschrumpft sind die Exporte in die USA.

Selbst bei technischen Textilien, die als Zukunftshoffnung gelten und die Hälfte des Gesamtumsatzes ausmachen, ist der Umsatz um 32 Prozent auf 463 Mio. Euro geschrumpft. Maßgeblich dafür ist laut Backhausen die desaströse Lage in der Autoindustrie: Aufträge für die Innenausstattung von Autos blieben aus. Der insolvente Autozulieferer Eybl etwa sei 2007 noch wichtigster Kunde der Textilbranche gewesen.

Hersteller, die Hotels ausstatten, bekamen den 70-prozentigen Baustopp in Dubai zu spüren. "Hotel-Betreiber sparen ad-hoc, indem sie Renovierungen verschieben", so Backhausen. Er sieht aber wieder eine leichte Aufwärtstendenz bei Hotel-Projekten in Abu Dhabi und Russland. Bei Medizintextilien blieb die Nachfrage hingegen stabil.

Airbag im Stoff

Backhausen, der unter anderem nicht entzündbare, wiederverwertbare Einrichtungsstoffe herstellt, sieht die Zukunft in umweltfreundlichen "Smart Textiles". Das sind technische Textilien mit mehreren Funktionen: Etwa könnten im Körper von Herzkranken eingebaute Stoffe einen Herzanfall automatisch an das Spital melden. Oder es könnten in Jacken oder Hosen eingebaute Airbags Osteoporose-Patienten bei Stürzen schützen.

Voraussetzung dafür sind jedoch ausreichende Forschungsgelder. Ab 2010 kooperiert die Textilindustrie mit der Elektronikindustrie, um beidseitige Kompetenzen für künftige Forschungsprojekte zu nutzen, so der Obmann des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie, Albert Hochleitner. Ziel sei es, die Betriebe zueinander zu führen. Bisher hätten je 15 Betriebe aus beiden Sparten Interesse angemeldet.