Im Unterschied zu europäischen Netzen zeigt sich die US-Stromversorgung als Flickwerk.
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Für den Stromausfall bei der Super Bowl war nach offizieller Lesart ein fehlerhaftes Messgerät verantwortlich. Die Erklärung mit der Maus, die das Kabel durchgenagt hat, erschien den Managern des Energieanbieters Entergy und des Superdomes wohl zu altbacken. Die Ravens-Spieler Cary Williams und Torrey Smith dürften näher an der Wahrheit liegen, wenn sie auf den Stromverbrauch für die mit technischem Overkill gestaltete Halbzeitshow von Beyoncé verweisen.
Zum Unterschied von den europäischen Netzen zeigt sich die Stromversorgung in den USA als Flickwerk. Investitionen werden zumeist nur getätigt, um die gröbsten Lücken zu schließen. Im Global Competitiveness Report des World Economic Forums belegt die Effizienz der Energieversorgung den 33. Platz, unter anderem hinter Barbados, Portugal, Slowenien und der Slowakei. New Orleans' Bürgermeister Mitch Landrieu mag einen detaillierten Bericht des Zwischenfalls fordern, die Gründe sollten ihm ebenso klar sein wie den meisten Politikern des Landes. Schließlich wundert es niemand, dass Entergy auf der Startseite seines Webauftritts zentral den Verweis "Stromausfälle in Ihrer Gegend" platziert.
Bei den tagelangen Blackouts nach dem Wirbelsturm Sandy war noch von unbeherrschbaren Naturgewalten die Rede, diesmal genügte eine Show, um zu zeigen, wie marod die Infrastruktur der Vereinigten Staaten ist. 2009 vergab die Ingenieursvereinigung der Energieversorgung die Note D+, seither hat sich die Situation verschlechtert: Überaltete oberirdische Leitungen entsprechen oft nicht den gesetzlichen Anforderungen und werden nach Sturmschäden nur notdürftig geflickt. Der Bedarf steigt weitaus schneller als Kapazitäten. Laut Angaben der Ingenieure hat sich die Nachfrage von 1990 bis 2009 um 25% erhöht, der Ausbau des Netzes ist hingegen um 30% zurückgegangen.
Als Reaktion setzt die Regierung setzt seit drei Jahren auf die Implementierung der jüngsten Technik: Smart Grids - Netze, die sich selbst regulieren - sollen gewährleisten, dass Energie immer gerade dort geliefert wird, wo man sie benötigt. Das milliardenschwere Konjunkturprogramm beinhaltet die Förderung der notwendigen intelligenten Stromzähler ebenso wie die Installation moderner Transformatoranlagen und die Einbindung alternativer Energieerzeuger. Lokalen Erfolgen steht allerdings die Behäbigkeit der großen Stromanbieter gegenüber.
"Amerika kann keine Wirtschaft des 21. Jahrhunderts mit einem Elektrizitätssystem des 20. Jahrhundert bauen", erkärte Energieminister Steven Chu 2011. Am Sonntag konnten sich Zuschauer in mehr als 180 Ländern live davon überzeugen.
Siehe auch: Themen der US-Wahl 2012
Administration Announces Grid Modernization Initiatives (PDF, 2011)