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Wirtschaftswunderland Irak?

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Der Kampf um den Zugriff auf die zweitgrößten Ölreserven der Welt ist in vollem Gang: Während die Siegermächte USA und Großbritannien die Ölquellen vorerst militärisch sichern - und eine Tochter des Halliburton-Konzerns, dem ehemaligen Arbeitgeber des US-Vizepräsidenten Cheney, schon einen ersten Auftrag über bis zu 7 Mrd. Dollar erteilt bekam - wollen Frankreich und Russland, die noch mit dem Saddam-Regime Förderverträge ausverhandelt hatten, die Flinte noch nicht ins Korn werfen und kündigen juristische Schritte an.


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Schon während die irakische Bevölkerung noch vor den Bomben der US-Streitmacht Schutz suchte, haben Ökonomen und Unternehmen das Land am Golf längst auf ganz andere Art ins Visier genommen: Als einen der führenden Öl-Lieferanten der Welt und als Markt mit 24 Millionen Verbrauchern. Schon schwärmen manche Experten von einem bevorstehenden Wirtschaftswunder im neuen, von Diktatur und Vetternwirtschaft befreiten Irak. Pluspunkte des Irak seien seine großen Öl- und Gasreserven, aber auch seine gut ausgebildete Bevölkerung, argumentiert der irakische Entwicklungsberater Sarbi el Saadi. Er ist Ko-Autor des so genannten Phoenix-Plans, eines Wiederaufbauplans der irakischen Opposition, und sagt seinem Land einen wirtschaftlichen Nachkriegs-Boom voraus. Die Öl-Exporte würden nach dem Krieg kräftig zulegen, glaubt der Experte. Schon bald würden die Öl-Milliarden sprudeln: Laut Phoenix-Plan voraussichtlich zunächst knapp 20 Mrd. im zweiten Jahr bereits 25 Mrd. Dollar. Innerhalb von zwei Jahren könne sich das Bruttoinlandsprodukt des Irak verfünffachen, so el Saadi.

Beim Gerangel um die irakischen Ölvorkommen stehen nicht nur amerikanische Ölkonzerne in den Startlöchern. Auch in Russland und Frankreich ist die Industrie vorbereitet. Zwar hat die ablehnende Haltung ihrer Regierungen zum Irak-Krieg die Ölkonzerne beider Länder aus Sicht der USA vorerst ins Abseits gestellt. Doch der Chef der französischen TotalFinaElf, Thierry Desmarest, rechnet sich mit langem Atem durchaus Chancen aus, bei der Ausbeutung der immensen Ölreserven des Irak zum Zuge zu kommen. Der viertgrößte Ölkonzern der Welt hofft darauf, dass eine zukünftige irakische Regierung mitentscheiden wird, ob, wann und welche ausländischen Unternehmen an der Ausbeutung der Ölreserven des Landes beteiligt werden. Die in den 90er-Jahren ausgehandelten Verträge sollten nach dem Ende des Embargos unterschrieben werde, darauf pochen die Franzosen ebenso wie die russischen Ölfirmen. Und: "Die Ölvorkommen des Irak sind so umfangreich, dass sich für die gesamte internationale Ölindustrie genügend Möglichkeiten bieten sollten". Schnell wird es aber nicht gehen: Die Anlagen sind rostiger und veralteter als erwartet - 6 Mrd. müssen zunächst einmal investiert werden, schätzen Experten.