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Wissen: Theory of Mind

Von Christa Hager

Autismus
Autisten tun sich schwer, Gesichtsausdrücke ihres Gegenübers zu deuten. 
© Foto von <a href="https://unsplash.com/@mathieustern?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText">Mathieu Stern</a> auf <a href="https://unsplash.com/de/fotos/nDDVQzkc_fc?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCop

Es gibt an der ToM auch Kritik. Wie geht man bei der Österreichischen Autistenhilfe damit um?


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Wird die Theory of Mind noch bei den ASS-Diagnoseverfahren verwendet? Warum?
Es gibt an der ToM auch Kritik. Wie geht man bei der Österreichischen Autistenhilfe (ÖAH) damit um? 

Frau Mag. Alexandra Sinzinger, die bei der ÖAH als Klinische Psychologin im Bereich Diagnostik tätig ist, antwortet:   

Theory of Mind bezeichnet die Fähigkeit, sich in die Gedanken, Gefühle und Absichten anderer Personen hineinversetzen und unterschiedliche Perspektiven übernehmen zu können. Diese Fähigkeit, parallel zwei Repräsentanzen haben zu können (z.B. meine Sicht der Dinge und die Sicht des Gegenübers) ermöglicht Reflexionen und Metakognitionen und somit flexibles und sozial angepasstes Verstehen und Verhalten im Alltag. Empathie ist eine Form von Theory of Mind.

Beeinträchtigungen im Bereich der Theory of Mind führen zu den typischen qualitativen Auffälligkeiten in den Bereichen der Kommunikation und sozialen Interaktion, die in den Diagnosekriterien von Autismus-Spektrum-Störungen beschrieben sind. Daher ist die Theory of Mind ein altes, aber bewährtes und nach wie vor essenzielles Diagnosekriterium von Autismus-Spektrum-Störungen und wird in den diagnostischen Prozess immer einbezogen.

Beeinträchtigungen der Theory of Mind bei Personen mit einer Autismus-Spektrum-Störung zeigen sich aber je nach Alter der Person, kognitiven Fähigkeiten und Schweregrad der Diagnose-Ausprägung in sehr unterschiedlicher Form.

Normalerweise entwickelt sich die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme bei Kindern im Alter von etwa 4 bis 5 Jahren. Die kognitiven Voraussetzungen sind dann gegeben. Neurotypische Kinder üben diese Fähigkeiten dann in Rollenspielen und verfeinern ihre Kompetenzen. Es fällt beispielsweise auf, dass sie innere Prozesse in anderen miteinbeziehen, zum Beispiel, ob das andere Kind etwas absichtlich gemacht hat, dass sie Überlegungen dazu anstellen können, wie ein anderes Kind eine Situation (abweichend zur eigenen Perspektive) sieht. Ein Austausch über innere Zustände und unterschiedliche Perspektiven wird immer mehr möglich.

Bei Personen mit einer Autismus-Spektrum-Störung können Theory of Mind-Funktionen sehr stark beeinträchtigt sein, besonders dann, wenn auch die kognitive Entwicklung beeinträchtigt ist. Bei Personen mit einer Asperger-Diagnose, also bei fehlender kognitiver Beeinträchtigung, können die guten kognitiven Fähigkeiten teilweise zur Kompensation genutzt werden. Dennoch zeigen sich auch hier Beeinträchtigungen in der Theory of Mind. Diese werden vor allem in sozialen Interaktionen (und nicht bei theoretischen Beispielen) deutlich, weil im Miteinander ja nicht explizit darauf hingewiesen wird, dass es wichtig ist, die Perspektive des Gegenübers mit zu bedenken. Die Diagnostik der Theory of Mind erfordert somit von der diagnostizierenden Person viel Wissen und Erfahrung. Zugleich ist die Theory of Mind ein ganz wichtiges Konzept, um differenzialdiagnostisch feststellen zu können, ob es sich wirklich um eine Autismus-Spektrum-Störung oder etwas Anderes handelt.   

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