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Wissen versus Glauben

Von Eva Stanzl

Wissen

Parawissenschaften auf dem Prüfstand. | Skepsis gegenüber Alternativmedizin. | Wien. "Alternativmedizinisch behandelte Kinder öfter krank"; "Homöopathie - nichts drin, nichts dran" oder: "Total daneben: Miese Quote für Wahrsager". Die Artikel auf der Homepage der Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) lesen sich wie ein Streit zwischen Wissen und Glauben.


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Parawissenschaften (griechisch para: darüber hinaus) drehen sich um Erkenntnisansprüche außerhalb der akademischen Wissenschaften. Die durch Mitgliederbeiträge finanzierte GWUP, die von Donnerstag bis Samstag in Wien tagt, will sie auf ihre Beweisbarkeit prüfen, um sicherzustellen, dass es sich um keine "Pseudowissenschaften" handelt, die auf irrigen Erkenntnissen beruhen. "Damit sind Lehrgebäude oder Theorien gemeint, die vorgeben, wissenschaftlich zu sein, es aber nicht sind", sagt Ulrich Berger, Professor für Mathematik an der Wirtschaftsuniversität Wien und Präsident der Gesellschaft für kritisches Denken (GkD), der Wiener Gruppe der GWUP.

Die "Skeptiker" befassen sich in erster Linie mit Alternativmedizin, Wünschenrutengängern, Pendlern und fragwürdigen esoterischen Methoden. "Unter dem Tarnmäntelchen der Wissenschaft verstecken sich Lehrgebäude, die auf Wunschdenken beruhen, aber nicht mit wissenschaftlichen Methoden abgesichert sind", so Berger.

Dazu zählt er etwa Wasser-Belebungsgeräte oder Neutralisierungsgeräte für Handy-Strahlung. Keine Studie belege, dass diese funktionieren. Zwar sei unbestreitbar, dass Handy-Strahlen schaden können. Allerdings beweise keine Studie die viel diskutierte Befürchtung, dass auch Strahlungen unter dem gesetzlichen Grenzwert das menschliche Erbgut schädigen können.

Ähnliches gelte für die Homöopathie. "Natürlich hat die Homöopathie einen gewissen Effekt", sagt der Wiener Mathematiker. Jedoch seien keine spezifischen Auswirkungen nachgewiesen, sondern bloß eine Art von Placebo-Effekt: Menschen fühlen sich besser, ohne dass sie entsprechende schulmedizinische Arzneien eingenommen hätten. "Der Placebo-Effekt hat dort Nachteile, wo er überschätzt wird", sagt Berger. Bei Schmerzen oder Depression trete er stark auf. Würden Placebos hingegen gegen Asthma verteilt, würde das eine wirksame Behandlung nur verzögern.

Kritische Methodik

Die GWUP plädiert für eine wissenschaftlich-kritische Methodik bedient, um Tatsachenbehauptungen mit "adäquaten Mitteln" zu überprüfen.

Doch was ist ein adäquates Mittel der Überprüfung dessen, was nicht überprüfbar ist? Berger zufolge müssen Beweismethoden "angemessen" sein: "Wenn eine Behauptung mit einer randomisierten klinischen Studie unterlegt werden muss, reicht nicht eine Umfrage unter 100 Personen, wie sie sich fühlen."

Und was bringen Beweise, wenn eine Methode einen anderen Ansatz verfolgt? "Die beweisführende Wissenschaft beruht auf Materialität. Bei der Astrologie aber geht es um ein ganzheitliches Verständnis der Dinge", erklärt Peter Fraiss, Obmann der Berufsgruppe der Astrologen. Berger stimmt zu, doch nur bis zu einem gewissen Grad. "Wenn jemand mit einem Persönlichkeitshoroskop etwas anfangen kann, ist das akzeptabel. Wenn er aber sagt: Aufgrund dessen lassen sich Charakterzüge vorhersagen, handelt es sich um eine empirisch testbare Behauptung. Dann bestehen wir auf den Beweis."