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Wissenschaft als Bereicherung und Hobby

Von Eva Stanzl

Wissen
Schon Kindern soll vermittelt werden, dass Forschung Spaß machen kann.
© European Researchers‘ Night

"Strategie zur Wissenschafts- und Demokratievermittlung" soll gestartet werden, um Menschen stärker zu begeistern.


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Um vor allem junge Menschen für die Wissenschaften zu begeistern, müsse Österreich auf allen Ebenen ansetzen. Eine "Strategie zur Wissenschafts- und Demokratievermittlung" mit Maßnahmen, die es vermögen, die Öffentlichkeit zu faszinieren, müsse ins Leben gerufen werden, sagte Wissenschaftsminister Martin Polaschek abschließend zur "Trust in Science and Democracy"-Konferenz am Donnerstagnachmittag in Wien. Sein Haus stehe im Austausch etwa mit Portugal oder Deutschland, wo derartige Initiativen bereits gesetzt werden.

Durch landesweite Aktionen, Veranstaltungen und ein reichhaltiges Vermittlungsprogramm konnte etwa das ehemals wissenschaftsskeptische Portugal die öffentliche Meinung so drehen, dass dort laut dem jüngsten Eurobarometer der Stellenwert von Wissenschaft und Forschung für den Alltag in der Gesellschaft als hoch wahrgenommen wird. In Österreich ist es anders: Hierzulande hält man die Wissenschaften für wenig relevant, was sich unter anderem in einer hartnäckigen Impfgegnerschaft in der Corona-Pandemie manifestiert.

Oft gehe Wissenschafts- mit Demokratiefeindlichkeit einher, sagte Polaschek: "Wir brauchen ein langfristiges politisches Konzept und eine zentrale Vermittlungseinrichtung in Österreich sowie eine Datenbank, in der sämtliche Initiativen dazu abgerufen werden können." Man wolle in den Schulen beginnen, wo Forschende ihre Themen verständlich präsentieren sollen. Nach dem Vorbild von Sportwochen seien "Wissenschaftswochen" denkbar, die Schulklassen in Labors, Universitäten und andere Forschungseinrichtungen führen. Zudem müsse die Vermittlung "fixer Bestandteil der Aus- und Weiterbildungsangebote" für Lehrer und universitärer Curricula werden. "Ich habe vor, diesen Punkt in die Verhandlungen zu den nächsten Leistungsvereinbarungen einzubringen", sagte Polaschek. Indem sie ihr Wissen teilen, könnten Forschende dem Steuerzahler "etwas zurückzugeben, das über Fachbücher hinaus geht".

USA: 94 Prozent an Wissenschaft interessiert

Wie komplex jedoch das Unterfangen ist, Menschen für etwas zu interessieren, das geistige Anstrengung erfordert, zeigte sich beim "Austrian Research and Innovation Talk", der kürzlich in der US-Stadt Chicago abgehalten wurde, und den die "Wiener Zeitung" auf Einladung des Wissenschaftsministeriums besuchte.

Dort präsentierte die in New York tätige österreichische Genetikerin Christine Marizzi, die sich stark in der Wissenschaftskommunikation engagiert, eine US-weite Studie zum Interesse der Amerikaner an der Forschung. Die Studie wurde von der Asscociation of Science and Technology Centers und der Kavli-Stiftung, die sich der Verbesserung des öffentlichen Verständnisses und der Unterstützung von Wissenschaftern widmet, durchgeführt. Ziel der Online-Befragung von 2.590 Erwachsenen im Dezember 2021 war die Schaffung fundierter Grundlagen für effektive Wissenschaftskommunikation vor dem Hintergrund wachsender Skepsis gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.

Obzwar zahlreiche Verschwörungstheorien in den USA ihren Ausgang nehmen, sind die Amerikaner insgesamt weitaus forschungsbegeisterter als die Österreicher. 94 Prozent gaben an, sich für mindestens ein wissenschaftliches Thema aktiv zu interessieren. Als Motivation wurden Neugier (35 Prozent), der Wunsch, sich weiterzubilden (35), Freude an der Sache (33), die Möglichkeit, sich selbstständig damit zu befassen (29), und der Wunsch nach Entspannung (29 Prozent) genannt. Das heißt, die Amerikaner betrachten die Beschäftigung mit Technologie und Wissenschaft als Bereicherung ihrer Freizeit und Hobby. Quer durch die Ethnien möchten sich 59 Prozent öfter damit befassen und sehen in der Wissenschaft Relevanz für den Alltag.

Vermittlung komplex, mehrere Ebenen

Jedoch nennen die Befragten auch Faktoren, die diesem Wunsch im Wege stehen. Dazu zählen keine Zeit, niemand der mitmacht, zu wenig Gelegenheit, Langeweile, zu schwer zu verstehen, zu wenig interessante Berichte in Medien, die Scheu als dumm oder ungebildet entlarvt zu werden, verpeilte Museumsvermittlung oder langweilige Exponate.

"Es reicht einfach nicht, hochfliegend erscheinende Nobelpreisträger zu präsentieren. Sondern die Leute wollen wissen, wer die Menschen sind, die hinter der Wissenschaft stehen. Forschung muss menschlich oder auch cool sein, etwa indem Stars oder Influencer sich darauf beziehen", sagt Marizzi zur "Wiener Zeitung". Letztlich müsse man in Dialog mit unterschiedlichsten Zielgruppen treten, sagt die Genetikerin, die im Rahmen der Non-Profit-Initiative BioBus zusammen mit Schülern Proben des Newcastle-Virus in New Yorker Parks sammelt und untersucht, wie stark dieses in Tier-Populationen verbreitet ist.

Was Wissenschaft ist, wie sie arbeitet und mit mitunter widersprüchlicher Information umgeht einfach nur noch besser zu erklären, sei jedenfalls nicht genug, um skeptische oder gar wissenschaftsfeindliche Menschen besser zu informieren, sagte Marizzi.

"Während der Pandemie hat sich Widerstand gegen die Impfung breitgemacht. Zugleich hatte die Medizin im Virus ein veränderliches Forschungsobjekt, während in sozialen Medien Misstrauen gegen vorläufige Forschungsergebnisse gesät wurde", nannte im Rahmen der Tagung der aus Österreich stammende Peter Nagele, Leiter der Abteilung für Trauma-Anästhesie der Universität Chicago, eine weitere Problematik. "Die Menschen mögen einfache Lösungen, aber die Wissenschaften werden immer komplexer", sagt er, und verwies weiters darauf, dass insbesondere jüngere Menschen sich tendenziell immer weniger durch Lesen als durch das Anschauen von Youtube-Videos bilden würden.

"Um ihre Inhalte zu vermitteln, müssen Forschende und eigentlich auch bereits Studierende eine Performance abliefern, die andere Menschen mitreißen und begeistern kann", sagte dazu die Neurologin Peggy Mason. Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit an der Universität Chicago engagiert sie sich an einem dort eigens eingerichteten Zentrum für strategische Wissenschaftskommunikation. "Ich habe begonnen, als eines meiner Forschungsergebnisse großen Anklang fand. Dazu wollte ich einen großen Online-Kurs ins Leben rufen, was ein klares Bild meiner Zielgruppe erforderte", sagte Mason zur "Wiener Zeitung" am Rande der Veranstaltung: "Es war wichtig, zu erkennen, was nicht nur für mich, sondern für die Zielgruppe interessant ist." Als fruchtbar hätte sich die Zusammenarbeit mit Wissenschaftsjournalisten erwiesen, da diese gleichermaßen wie Laien offene Fragen aufwerfen und Antworten verständlich zum Ausdruck brächten.

Um geeignete Ansätze für Österreich entwickeln zu können, hat das Wissenschaftsministerium das Institut für Höhere Studien mit einer Ursachenstudie zum Thema "Wissenschafts- und Demokratieskepsis" beauftragt. Zwischenergebnisse sollen im November und die Endergebnisse im August 2023 vorliegen.