)
Hinterbliebener bekommt Geld nur bei Unterhaltspflicht. | Härtefälle können öfters auftreten. | Wien. Eine Scheidung kann auf den Schutz in der Sozialversicherung enorme Auswirkungen haben: Die Mitversicherung in der Krankenversicherung fällt weg. In der Pensionsversicherung geht der Anspruch auf eine mögliche Witwenpension meist verloren. Ob er ausnahmsweise doch aufrecht bleibt, hängt in erster Linie davon ab, auf welche Art die Ehe geschieden wird und welche Vereinbarungen dabei getroffen werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Faktischer Unterhalt
Die Hinterbliebenenpension soll den Unterhaltsanspruch ersetzen, der durch den Tod eines Ehepartners wegfällt. Nach einer Scheidung besteht nur dann ein Anspruch, wenn vom Verstorbenen überhaupt Unterhalt zu leisten war. Die Unterhaltspflicht kann dabei aufgrund eines gerichtlichen Urteils, eines gerichtlichen Vergleichs oder einer vor der Ehescheidung eingegangen und auf die Zeit nach der Scheidung bezogenen Vereinbarung bestehen. Auf die Bezeichnung "Unterhalt" kommt es nicht an - auch die Übernahme einer Kreditrückzahlung kann genügen, wenn damit in Wirklichkeit eine Unterhaltsleistung erbracht werden soll. Ob ein Unterhalt tatsächlich fließt, spielt ebenfalls keine Rolle. Wird allerdings - wie in der Praxis üblich - bei der Scheidung wechselseitig auf Unterhalt verzichtet, fällt damit auch ein künftiger Anspruch auf eine Hinterbliebenenpension weg.
Man sieht an diesem Beispiel, dass das Sozialversicherungsrecht sehr formalisiert ausgestaltet ist. Schließlich muss es eine Gleichbehandlung aller Versicherten anstreben, aber auch Missbräuche verhindern. Härtefälle können dabei nicht immer vermieden werden, etwa wenn zum Todeszeitpunkt ein anhängiges Unterhaltsverfahren noch nicht beendet war.
Einen typischen Härtefall versuchte der Gesetzgeber im Jahr 1993 in den Griff zu bekommen: Seitdem gebührt eine Hinterbliebenenpension auch, wenn die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert hat und einer der geschiedenen Ehegatten unmittelbar vor seinem Tod dem anderen mindestens ein Jahr lang faktisch Unterhalt geleistet hat.
Aus dem schon genannten Zweck der Hinterbliebenenpension folgt, dass sie nach oben mit dem Unterhaltsanspruch begrenzt ist; eine einzige Ausnahme davon gibt es bei einer speziellen Form der Scheidung wegen Zerrüttung.
Die genaue Höhe der Witwenpension ist in einem komplizierten Verfahren zu ermitteln, in dem die Einkommen der ehemaligen Ehegatten in den letzten zwei Jahren vor dem Tod des einen Gatten gegenübergestellt werden. Je größer der Unterschied zugunsten des Verstorbenen ist, umso höher ist die Witwenpension. Die Höhe kann sich zwischen 0 und 60 Prozent der fiktiven Pension des Verstorbenen bewegen.
Das Abstellen auf die letzten zwei Jahre geht auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus 2003 zurück. Da es auch hier zu vielen Härten kam, wurde 2006 eine Alternative eingeführt: Ist es für den Überlebenden günstiger, sind die letzten vier Jahre für den Einkommensvergleich relevant.
Der Autor ist Richter des Obersten Gerichtshofs. Der ausführliche Beitrag ist in der Jänner-Ausgabe der Zeitschrift für Familienrecht (FamZ) des Linde Verlags erschienen.