"Können nicht in Ruhe arbeiten": Ilse Vrabl-Sanda, Chefin der WKStA, kritisiert im Ibiza-U-Ausschuss auch ihre Vorgesetzen.
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Präziser wurde die Beamtin nicht, was sie aber in den Raum stellte, war brisant. Bei den Ermittlungen zur Causa Casinos gebe es Hinweise, dass versucht werde, auf ihre Behörde politischen Einfluss zu nehmen, sagte Ilse Vrabl-Sanda, Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), am Donnerstag im Ibiza-U-Ausschuss. Sie sei nicht befugt, Näheres dazu in einer medienöffentlichen Sitzung zu sagen. Ansonsten könnte sie auch strafrechtliche Ermittlungen gefährden.
Ihre Aussage sorgte für Aufregung, die Sitzung wurde unterbrochen. Verfahrensrichter Ronald Rohrer erklärte nach der Beratung, dass es sich um ein noch "sehr junges Verfahren" handle. Man werde sich daher erst einmal mit dem Justizministerium zur weiteren Vorgehensweise konsultieren müssen. Worum es sich bei der Einflussnahme genau handeln soll, wurde in einer nicht medienöffentlichen Sitzung im Ausschuss behandelt.
Eine Sprecherin des Justizressorts erklärte auf Anfrage der "Wiener Zeitung", ein entsprechendes Verfahren sei ihr nicht bekannt: "Uns liegt nichts dazu vor." Es gebe auch keine Ermittlungen gegen den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, und Christian Pilnacek, nunmehr Leiter der Straflegistik-Sektion.
Interne Querelen
Vrabl-Sanda ließ während ihrer Befragung durchblicken, dass sie mit den zwei Spitzenbeamten nicht auf gutem Fuße steht. Überraschend ist das nicht: Seit geraumer Zeit gibt es interne Querelen zwischen den Behörden.
Der Hintergrund: Die WKStA ist der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien untergeordnet und an deren Weisungen gebunden, die OStA Wien wiederum ist dem Justizministerium unterstellt. Bis zu seiner Degradierung durch Justizministerin Alma Zadic (Grüne) war Pilnacek im Ressort neben der Legistik auch für die Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften zuständig.
Vrabl-Sanda hat sich bereits öfters beklagt, dass die OStA Wien die WKStA mit Berichtspflichten zudecke und an ihrer eigentlichen Arbeit hindere. Die OStA Wien begründete die verschärften Berichtspflichten unter anderem mit der verpfuschten Razzia beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Februar 2018. Diese war von der WKStA angeordnet und den Oberbehörden vor der Durchführung nicht mitgeteilt worden. Laut OStA Wien machte der Vorfall die Einführung strengerer Berichtspflichten erforderlich.
Der Disput eskalierte bei einer Dienstbesprechung im Frühling 2019. Es folgten gegenseitige Anzeigen der Behördenvertreter, Ermittlungen wurden keine eingeleitet. Vorwürfe gegen die Oberbehörden erhob Vrabl-Sanda nun auch im U-Ausschuss.
Sie erklärte, dass die Zusammenarbeit in der Justiz im Allgemeinen sehr gut funktioniere. Die Konflikte gebe es nur im Strafrecht und dort würden sie wieder nur einen kleinen Teil betreffen. Nämlich jenen der "politisch durchdrungenen" und öffentlichkeitswirksamen Verfahren.
In diesem Bereich "kann die WKStA nicht in Ruhe arbeiten", so die Behördenleiterin. Sie sei früher selbst in der Dienstaufsicht der OStA tätig gewesen und könne nun deren Tätigkeiten bei den Ibiza- und Casinos-Ermittlungen nicht immer nachvollziehen.
Es gebe Dienstaufsichtsbeschwerden gegen ihre Mitarbeiter und nicht gerechtfertigte Einträge in deren Personalakten. Weisungen der OStA Wien seien teils sehr ungewöhnlich gewesen, sagte die Behördenleiterin. Laut Vrabl-Sanda wird eine Kollegin die WKStA aufgrund der Eskalation mit der Fachaufsicht verlassen.
Gegen die Mitarbeiterin als auch gegen sie selbst habe es eine Disziplinierungsmaßnahme gegeben, sagte Vrabl-Sanda. Diese sei aber mittlerweile auf Weisung des Justizministeriums aus den Personalakten gelöscht worden.
Pilnaceks Mail-Verkehr
Laut Vrabl-Sanda wurde medial verstärkt negativ über die WKStA berichtet. Auch sei bei anderen Dienststellen der Justiz schlecht über ihre Behörde geredet worden. Pilnacek hatte im Sommer 2019 in einem Mail-Verkehr, der im Mai 2020 geleakt wurde, dafür plädiert, Öffentlichkeitsarbeit gegen die WKStA zu betreiben. Zu diesen Mails befragt, meinte Vrabl-Sanda: Dadurch sei ihr klar geworden, wer hinter der Negativkampagne stecken könnte.
Michael Klackl, Oberstaatsanwalt und Sprecher der OStA Wien, wollte zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen. Auch Klackl ist nichts von einem Verfahren rund um politische Einflussnahmen bei der Causa Casinos bekannt. Auf Twitter äußerte sich aber Johann Fuchs, Leiter der OStA Wien: "Die haltlosen Spekulationen jeglicher Art über eine unsachliche Amtsführung meinerseits weise ich entschieden zurück."