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WKStA hält "Anfüttern" mit Parteispenden für erlaubt

Politik

Keine Ermittlungen in ÖVP-Spendencausa, Parteienfinanz-Experte Sickinger über Einstellungsbegründung überrascht.


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Die Parteispenden-Causa der ÖVP hatte im Sommer zu einer parlamentarischen Sofortmaßnahme geführt. Im freien Spiel der Kräfte beschlossen SPÖ, FPÖ und Jetzt im Nationalrat eine drastische Einschränkung der Spendenmöglichkeit. Das könnte die einzige Folge der Causa bleiben. Die ÖVP legte bei der Nationalratswahl deutlich zu, und auch juristisch gibt es vorerst kein Nachspiel. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft überrascht jedoch mit ihrer Begründung. Denn demnach wäre mit rechtlich korrekt verbuchten Spenden per se kein Anfüttern möglich.

"Den Schluss würde ich in dieser Pauschalität nicht ziehen", sagt Hubert Sickinger, Politologe mit Spezialgebiet Parteienfinanzen. "Dass man Parteien nicht bestechen kann, wenn diese Spenden im Rechenschaftsbericht deklarieren, lese ich nicht aus dem Gesetz", so Sickinger.

Konkret ging es in dem von der WKStA geprüften Fall um die Spende des Tiroler Industriellen Klaus Ortner. Dieser hatte über seine IGO-Gruppe ab 2017 knapp mehr als eine Million Euro an die ÖVP gespendet, und zwar so gestückelt, dass sie nicht unter die sofortige Veröffentlichungspflicht für Großspenden fielen. Keine gute Optik, aber rechtlich in Ordnung. Dann wurde aber bekannt, dass Ortners Tochter Iris im Februar 2019 in den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG berufen wurde. In sämtlichen Anti-Korruptionsbestimmungen sind Vorteile für Dritte auch umfasst.

Unterschiedlicher Wortlaut

Strafrechtliche Folgen wird diese Causa aber jedenfalls nicht haben. Die WKStA sieht keine "Vorteilszuwendung zur Beeinflussung". Sie hält auch fest, dass keine "mangelnde Eignung" von Iris Ortner für ihre Position bei der ÖBAG vorliegt.

Die Tatsache der Einstellung überrascht aber nicht so sehr wie eben die Begründung. Laut Parteiengesetz dürfen Spenden nicht angenommen werden, wenn damit "erkennbar" ein "bestimmter Vorteil" erkauft werden soll. Das sei eine engere Definition als das im Strafgesetz definierte Anfüttern (§ 307b, "Vorteilszuwendung zur Beeinflussung"). "Da die beiden gesetzlichen Bestimmungen zeitgleich mit unterschiedlichem Wortlaut beschlossen wurden, ist davon auszugehen, dass es sich nicht um deckungsgleiche Regelungen handeln sollte", heißt es.

Die Behörde schließt daraus: "Vor diesem Hintergrund sind aus Sicht der WKStA auf ein Anfüttern [. . .] abzielende Parteispenden [. . .] mangels ‚Bestimmtheit‘ des von der Partei oder deren Vertreter erwarteten Vorteils [. . .] gesetzlich erlaubt."

Über diese Auslegung wundert sich Sickinger. Und er findet sie schlicht "nicht zulässig". Parteien könnten, so Sickinger, nicht immer wissen, wenn sie angefüttert werden. Zumindest nicht jene Funktionäre, die eine Spende verbuchen (und sie daher auf kompatibel mit dem Parteiengesetz geprüft haben).

Was die mutmaßliche "Gesetzeslücke" zwischen Strafgesetzbuch und Parteiengesetz betrifft, hat sich das Thema durch die Novelle im Sommer weitgehend erledigt. Denn seit Juli dürfen pro Person nur 7500 Euro gespendet werden. Parteien dürfen nicht mehr als 750.000 Euro pro Jahr als Spenden annehmen.(sir)