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Die Uefa kann ihren Mitgliedern eine Teilnahme an der nächsten WM in Russland gar nicht verbieten.
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Es war wohl die letzte Patrone, die Uefa-Präsident Michel Platini Richtung Fifa-Boss Sepp Blatter abgefeuert hat. Ein Akt der Verzweiflung, um den 79-jährigen Langzeitfunktionär am Thron des Weltfußballverbandes doch noch zu verhindern. Also drohte der frühere französische Mittelfeldregisseur tatsächlich mit dem ultimativen Schreckenszenario namens WM-Boykott durch die europäischen Fußball-Großmächte. Eine WM ohne die Weltmeister Deutschland, Spanien, Italien, England, Frankreich wäre keine WM - das weiß schon jedes Kind. Und genau deshalb wird es auch in näherer Zukunft nicht dazu kommen, dass der sportlich wichtigste Kontinentalverband geschlossen die wichtigsten Titelkämpfe boykottiert. Und zwar nicht nur aus simplen sportlichen, sondern vor allem aus knallharten juristischen Gründen. Denn die Uefa (und schon gar nicht deren Präsident) kann ihren Mitgliedern nicht verbieten, an einem Turnier der Fifa teilzunehmen. Als jeweilige Fifa-Mitglieder können die einzelnen Fußball-Nationen zwar "am Ende eines Kalenderjahres aus der Fifa austreten", allerdings muss jedes Mitglied "seine Belange eigenständig und ohne Einflussnahme Dritter bestimmen". So steht es in den Statuten des Weltfußballverbandes. Zugleich verlangt die Fifa von ihren Mitgliedern, "an den durch die Fifa organisierten Wettbewerben" teilzunehmen. In den Statuten des europäischen Verbandes ist zwar festgeschrieben, dass allein die Uefa "über Durchführung und Aufhebung internationaler Bewerbe in Europa" entscheidet, allerdings mit einer großen Ausnahme: "Davon sind Fifa-Wettbewerbe nicht betroffen."
Das bedeutet für die WM 2018 in Russland - also in Europa - klarerweise, dass die Uefa weder eine Absage verfügen, noch ihre Mitglieder zu einem Verzicht bewegen kann. Es ist auch völlig unrealistisch, dass Uefa-Mitglied Russland bei den Titelkämpfen im eigenen Land nicht antreten würde; ohne europäische Geschlossenheit sind jegliche Boykott-Gedanken aber ohnedies obsolet. Kein britischer Fußball-Fan würde etwa verstehen, wenn die "Three Lions" aus sportpolitischen Gründen Qualifikation und Endrunde sein ließen, sich gleichzeitig aber Deutschland entschließen würde, den Titel zu verteidigen - etwa mit dem bekannten Argument: "Ein Boykott war noch nie eine Lösung." Apropos Deutschland: Will der Weltmeister als mächtiger Vertreter Europas tatsächlich ein Zeichen gegen Blatter oder die umstrittenen WM-Vergaben 2018 und 2022 setzen, dann schlägt die Stunde schon 2017 beim Fifa-Confed-Cup in Russland. Dass sich die Deutschen dieses Turnier entgehen lassen, ist aber auch nicht sehr realistisch. Und zwar aus rein sportlichen Gründen.